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Kirche will kein Sparschwein sein

■ Kirchentag: Kita-Plätze nur noch für Kirchenmitglieder?

„Wollen wir auch in Zukunft das Sparschwein des Finanzsenators sein?“ Die Frage, in der die Rede der Vizepräsidentin des Bremer Kirchenausschusses Inge Gurlit, gestern vor den Delegierten des Kirchentages gipfelte, war natürlich nur rhetorisch gemeint. Mit einem Zuschuß von rund 15 Millionen Mark für die 4.360 Plätze in kirchlichen Kindertagesstätten und Spielkreisen seien die Möglichkeiten der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) ausgeschöpft. Der Kita-Bereich macht in dem gestern verabschiedeten BEK-Gesamthaushalt von 127 Millionen Mark immerhin weit über zehn Prozent aus.

Das Kirchenparlament folgte Gurlits Meinung und lehnte fast einstimmig die Forderung des Bremer Senats nach 300 weiteren kirchlichen Kita-Plätzen ab. Jetzt sei zunächst die Stadt am Zuge, die Finanzkonditionen zu verbessern und mit der „Bevormundung“ aufzuhören, sagte die Vizepräsidentin.Schließlich müßte die Kirche nach der bisherigen Vereinbarung 50 Prozent aller Investitionskosten für neue Kita- Plätze tragen, wobei das Einbringen kircheneigener Gebäude und Grundstücke noch nicht einmal mitgerechnet würde. Allein durch die Vorfinanzierung der Kita-Ausgaben entstünden der Bremischen Evangelischen Kirche 450.000 Mark Zinsverluste im Jahr.

Beschlossen wurde auch, darüber nachzudenken, ob Kinder von aus der Kirche ausgetreten Eltern überhaupt noch in kirchliche Kitas aufgenommen werden sollen. Die Frage soll im Juni auf einem Hearing erörtert werden. „Dabei sind grundsätzliche Entscheidungen gefragt und keine kleinen Veränderungen im System“, sagte Inge Gurlit.

Auf eine deutliche Erhöhung der Kirchenaustritte seit Einführung der staatlichen „Solidaritätsabgabe“ wies anschließend der Schriftführer des Kirchenausschusses, Pastor Ernst Uhl, hin. Das Problem drohe „an die Substanz zu gehen“, sagte Uhl, da vor allem junge Leute austräten. Die Kirche müsse sich deshalb fragen, ob sie ihre sozialen Dienste weiterhin flächendeckend anbieten soll.

Beschlossen wurde vom Kirchentag auch der Kauf eines zweiten „Hauses der Kirche“ für sechs Millionen Mark in der Hollerallee. Dort sollen übergemeindliche Einrichtungen wie das Ev. Bildungswerk, das Landesjugendpfarramt und die Medienzentrale zusammengefaßt werden. Auch die Videowerkstatt für den „offenen Kanal“ und die Familien- und Lebensberatungsstelle der Kirche könnten nach einem Umbau dort Platz finden.

Ase/epd

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