Hurra, der erste Storch ist da!

■ Mit der Ankunft der gefiederten Frühlingsboten erwacht die Natur zu neuem Leben

Der erste Storch ist da! Der Tag, an dem der Gevatter Adebar von seiner langen Reise vom Nil ins brandenburgische Storchendorf Linum rund fünfzig Kilometer nördlich von Berlin zurückkehrte, hätte nicht trefflicher gewählt sein können: Heute vor einer Woche, am Samstag nachmittag, setzte er auf der Kirchturmspitze auf — vor den Augen vieler Naturschutzfreunde, die in Linum für den Erhalt des Schutzgebietes Rhinluch demonstierten. Auf seine Gattin wird der Adebar wohl noch eine Weile warten müssen, weil die Weibchen im Gegensatz zu den Männchen erst in der zweiten Aprilhälfte und im Mai aus ihren Winterquartieren zurückkehren.

Seit Anfang der 80er Jahre nisten auf den Firsten, Kaminen und der spätgotischen Barockkirche in Linum vierzehn Storchenpaare. Die Männchen vertreiben sich die Zeit des Wartens, indem sie die alten Nester ausbessern. Wenn die Weibchen angekommen sind, dauert es nicht mehr lange, bis die Paare mit dem Brüten beginnen.

Ob in diesem Jahr wieder alle vierzehn Storchenpaare nach Linum zurückkehren werden, ist ungewiß, weil das Storchendorf im vergangenen Jahr von Berliner Touristen regelrecht überrannt wurde. Bei der Völkerwanderung durch das Schutzgebiet wurden die feuchten Wiesen niedergetrampelt und so mancher Wasservogel verschreckt. Ihre stinkenden Blechkisten parkten die Besucher rücksichtslos direkt unter den Storchennestern auf der Dorfstraße, um nur ja keinen Schritt zuviel laufen zu müssen.

Um den Schaden in diesem Jahr halbwegs zu begrenzen, hat die rührige Naturschutzgruppe »Linumer Rhinluch« für diese Saison Beobachtungskanzeln und einen Wanderweg eingerichtet. Auch ein Flachwasserbiotop wurde am vergangenen Samstag zur Besichtigung freigegeben. Doch wer die erwachende Natur beobachten will, braucht nicht erst bis nach Linum zu fahren. Auch in Berlin sind die ersten gefiederten Frühlingsboten bereits eingetroffen: Finken, Lerchen und Meisen, die unter den Zugvögeln zu den Frühheimkehrern zählen. Amseln und Rotkehlchen — letzteres wurde von Naturschutzbund zum Vogel des Jahres erkoren — waren sowieso den ganzen Winter hier. Die Insektenfresser, zu denen der Mauersegler und die Nachtigall gehören, werden erst Anfang Mai erwartet, sofern es das Wetter zuläßt und es keinen Zugstau (!) gibt.

Auf das Heckenschneiden sollten Gartenbesitzer im Frühling lieber verzichten, weil die Frühheimkehrer und die einheimischen Vögel zum Teil schon mit dem Nestbau begonnen haben. Wer seine Laube oder das Mietshaus renoviert, sollte daran denken, Unterschlupf- und Brutmöglichkeiten für die gefiederten Untermieter »der innerstädtischen Kunstfelsen« zu schaffen, bittet der Naturschutzbund. Die Hausspatzen, der Hausrotschwanz und die Haustauben seien für jedes Plätzchen dankbar.

Wer Fledermäusen etwas Gutes tun will, sollte bei der Verschalung des Daches ein paar Hohlräume für die putzigen Abend- und Wassersegler mit den großen Ohren erübrigen.

Hundehalter sollten daran denken, daß jetzt auch die Bodenbewohner, die Igel und die Maulwürfe, Frühlingsluft wittern und aus ihren Löchern kriechen. Darum: Kläffer im Wald und Park an die Leine! Auch um die Wiesen sollte man jetzt lieber einen Bogen machen, weil die frische Grasnarbe sonst niedergetrampelt wird.

Für diejenigen, die es jetzt nicht mehr in der Stube hält, bietet der Naturschutzbund zahlreiche Exkursionen unter fachkundiger Anleitung in Berlin und im Umland bis hoch zum Müritz-Nationalpark an. Wie wär's mit einer Frühlingswanderung durch den Plänterwald? Oder mit einer Kröten-Nachtwanderung im Naturschutzgebiet Fauler See mit Taschenlampen? Oder mit einer Vogelstimmenerkundungstour auf den Laßzinswiesen oder einer Dachsbeobachtung in Luckau? Die Termine sind in der Geschäftsstelle des Naturschutzbundes, Goltzstraße 5 in Schöneberg, montags bis freitags von 15 bis 18 Uhr zu erfragen. Tel.: 2166797. Bei manchen Exkursionen ist wegen einer beschränkten Teilnehmerzahl eine Anmeldung erforderlich. Hunde zu Hause lassen, Ferngläser nicht vergessen und dann nichts wie los! Viel Spaß dabei. Plutonia Plarre