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Olli, der Lolli-Bote

■ Bremen bei Nacht: Mit dem „Kondom-Notdienst“ unterwegs

Der Aschenbecher in dem kleinen Büro in der Löningstraße quillt bereits über: Total tote Hose. „Der Notstand bricht erst später aus“, lacht Olli H., solariumgebräunter Jungunternehmer. Am Samstag abend um neun Uhr spielt er noch, das Telefon immer im Auge, gelangweilt mit seinem Sortiment: schwarzen, roten, grünen, geriffelten, genoppten, gezackten — Kondomen.

„Ach, das kennt doch jeder: Da soll es gerade richtig losgehen, und dann hat man keinen Lolli in der Tasche“, erklärt Olli die Idee zu seinem „Kondom-Notdienst“, den der Ex-Feuerwehrmann vor drei Monaten eingerichtet hat. „Ist doch blöd, dann nochmal extra vor die Tür gehen zu müssen.“ In diesem Moment kingelt das Telefon — die ersten Kunden in einer Nacht, die noch heiß zu werden verspricht.

„Okay, ab in die Isarstraße“, sagt er und schnappt sich sein Sortimentenköfferchen; Kollege Matthias hält derweil die Stellung. Mit einem neutralen Passat Diesel düst der „Kondom-Notdienst“ durch Bremens Nächte: „Am liebsten wär's den Leuten, wenn wir mit Blaulicht und Sirene angerast kämen — aber sobald wir bei ihnen zu Hause um die Ecke biegen, sollen wir uns Tarnkäppchen aufsetzen.“

Die Frage: „Wie lange dauert es denn?“ bleibt nie aus, egal ob den beiden Helfern in amouröser Not ein leises, verschüchtertes „Ähm, könnten Sie vielleicht — ähem — vorbeikommen...“ oder ein professionelles „Einmal in die Soundsostraße, bitte!“ aus dem Hörer entgegenschallt. „Einer hat auch mal gesagt: „Ich zahl' dir alle Strafzettel.“

„Im Grunde sind wir nichts anderes als ein Pizza-Taxi“, findet Olli und steckt sich eine der unvermeidlichen Zigaretten an. „Ist doch 'ne ganz normale Dienstleistung“, murmelt er. In der Isarstraße schnell die Treppen hoch. „Los, kommen Sie rein!“. Da steht der Lieferant seinem drängenden Geschlechtsgenosssen gegenüber und klappt sein Köfferchen auf: Was darfs sein? „Irgendeins, mir doch egal“, brummt der. Hastig wechseln Kondom und Barschaft den Besit

Der Retter für die Not im BettFoto: Christoph Holzapfel

zer.

So'n bißchen wie ein Feuerwehrmann fühlt sich Olli immer noch. „Aber der Anlaß ist netter“, lacht er. In der „Zentrale“ haben sich mittlerweile zwei neue Kunden gemeldet: „Jetzt geht's los. Die erste Kino-Runde ist offensichtlich um.“ Es ist viertel nach zehn.

Auf der Fahrt zu den nächsten Kunden erzählt Olli von seiner Lieblings-Stammkundin: „Die schleppt jedes Wochenende 'nen anderen ab. Und bei der gehört das irgendwie mit zum Vorspiel: Die ruft uns, und der Matthias oder ich stehen dann wie 'n Eisverkäufer im Kino mit dem Bauchladen in ihrem Schlafzimmer, die beiden im Bett. Und dann geht die große Aussucherei los.“ Wunderbar sei es, wenn die mal „nen etwas verklemmten Liebha

hier bitte den

Kondom-Boten

ber“ abschleppe: „Dann hat sie mir auch schon mal den ganzen Koffer abgekauft!“

Der Laden läuft: Am Wochenende hat der „Kondom-Notdienst“ pro Nacht bis zu zwanzig Kunden. Das billigste Einfach- Kondom ist inclusive Bringservice ab 15 Mark zu haben — dann geht es aufwärts bis zu 100 Mark — mit dem „exclusiven Hot-Ekstasy-Pack“.

Per Autotelefon kommt die nächste Order: „Da kann's wohl jemand überhaupt nicht mehr aushalten!“ Das Haus liegt im Dunkel, auf das erste Klingeln reagiert niemand. Dann öffnet sich die Tür einen Spaltbreit — ein Cockerspaniel mit einem Körbchen um den Hals kommt aus der Tür geschossen. Darin: fünfzehn Mark — und ein Zettel Bitte hier hineinlegen. Susanne Kaiser

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