Brasiliens Regierung trat geschlossen zurück

Rio de Janeiro (ips) — Mit dem kollektiven Rücktritt des brasilianischen Kabinetts hat Präsident Fernando Collor de Mello gestern die Flucht nach vorne ergriffen. Der Schritt soll ihm ermöglichen, das von Korruptionsvorwürfen belastete Image der Regierung zu verbessern und verlorene Unterstützung in der Bevölkerung zurückzugewinnen, erklären frühere Minister.

Die überraschenden Rücktritte haben das Ziel, der „Welle von Anschuldigungen“ gegen die Regierung ein Ende zu setzen, versicherte der frühere Justizminister Jarbas Passarinho. Passarinho, der als wichtigster politischer Unterhändler der Regierung gilt, ist selbst betroffen. Er soll den Militärgeheimdienst benutzt haben, um Berichte über eine Verwicklung des Bundespolizeichefs Romeu Tuma in Schmuggeloperationen zu überprüfen. Wiederholte Vorwürfe wegen Korruption oder unsachgemäßer Verwendung öffentlicher Gelder rückten in der Vergangenheit auch die Ressortchefs für Infrastruktur, Gesundheit, Arbeit, soziale Sicherheit und Landwirtschaft und damit auch den Staatschef selbst in ein schiefes Licht: Seine Popularität sank in den jüngsten Meinungsumfragen auf ein historisches Tief.

Erst vor knapp drei Monaten hatte Collor de Mello die Ministerien für Arbeit und soziale Sicherheit, Gesundheit und soziale Aktion neu besetzen müssen. Zuletzt sorgte der erzwungene Rücktritt von Umweltminister Jose Lutzenberger international für Aufsehen. Die andauernden Medienkampagnen führten seit geraumer Zeit zu Spannungen und Zerreißproben in der Regierung.