KOMMENTAR: Gute Homos, böse Homos
■ Die Homo-Ehe bringt Ausgrenzung statt Akzeptanz
Nach dem Willen von Familiensenator Thomas Krüger sollen die Hochzeitsglocken künftig auch für Lesben und Schwule läuten. An die Justizsenatorin schickte der sozialdemokratische Rauschebart gestern einen Entwurf für eine entsprechende Änderung des Grundgesetzes.
Im Berliner Senat scheint sich damit eine Aufgabenteilung herauszuschälen, wie man mit Lesben und Schwulen umzugehen hat. Auf der einen Seite werden integrationswillige homosexuelle Gesangs-, Sport- und Bürgerrechtsvereine mit Grußworten des Familiensenators und des Regierenden Bürgermeisters überhäuft und mit Geldern des gleichgeschlechtlichen Senatsreferats gefüttert. Auf der anderen Seite bekommen es immer mehr Lesben und Schwule mit dem Innensenator zu tun. Gegen das anstößige »Strichermilieu« in der Tabasco-Bar tobten sich erst neulich die Polizeiknüppel aus. Weitere überzogene Polizeieinsätze richteten sich im vergangenen halben Jahr gegen alternative und autonome Schwule im Café Anal sowie gegen ein Päderasten-Treffen im Kaffee Graefe. Ein Lied von den Grenzen der Toleranz wissen auch Lesben aus der autonomen Frauenbewegung und schwule Park- und Klappenfreunde zu singen; all jene, die sich dem heterosexuellen Ideal nicht anpassen wollen oder können.
Thomas Krügers sicherlich mutiges Plädoyer für die Homo-Ehe trägt mit dazu bei, die homosexuelle Spreu vom Weizen zu trennen. Natürlich darf Lesben und Schwulen, solange es die Ehe gibt, das Recht auf den Hochzeitsschleier nicht verwehrt werden. Doch die Argumentation des Familiensenators und einiger Homogruppen, mit der Einführung der Homo-Ehe steige auch die gesellschaftliche Akzeptanz, kann sich für die lesbischen und schwulen »Schmuddelkinder« alsbald als Trugschluß herausstellen. Insbesondere dann, wenn man wie Familiensenator Krüger zu den polizeilichen Übergriffen auf Bars und Treffpunkte der Nichtangepaßten schweigt. Micha Schulze
Siehe Bericht Seite 6
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen