: Kollektive Individuen
■ Der Moerser SC ist trotz des Ausfalls von Superstar Georg Grozer neuer Deutscher Meister im Volleyball
Moers (dpa) — Dem erst vor sieben Jahren gegründeten Moerser SC ist die Krönung einer erstaunlichen Erfolgsserie gelungen. Bei seiner dritten Finalteilnahme in Folge gewann der Verein vom linken Niederrhein am Samstag bereits im zweiten von drei möglichen Spielen erstmals den deutschen Volleyball-Meistertitel.
Nach dem nicht erwarteten 3:2-Erfolg (8:15, 15:7, 15:13, 11:15, 15:13) im ersten Play-off- Finalspiel beim Bundesliga-Normalrundensieger SV Wuppertal folgte im zweiten Spiel rund 16 Stunden später in eigener Halle überraschend deutlich mit 3:1 (11:15, 16:14, 15:11, 15:4) der große Coup. 2.000 Zuschauer peitschten die Moerser zum Erfolg und verwandelten die ausverkaufte Halle in ein Tollhaus. Nach exakt zweistündiger Spielzeit gelang Frank Winkler, in beiden Partien herausragender Spieler, die Verwandlung des Matchballs.
Auch ohne seinen herausragenden Spieler, den schlaggewaltigen Georg Grozer, der sich beim Aufwärmen vor dem ersten Finale in Wuppertal einen Muskelfaserriß in der Wade zugezogen hatte, erwies sich Moers erneut als die Mannschaft mit den stärkeren Individualisten, der dennoch besseren Abstimmung und den größeren Kraftreserven. Trotz des geringen zeitlichen Abstands zwischen den beiden Endspielen war die physische Überlegenheit des neuen Meisters „die halbe Miete“. Das bestätigte auch der Moerser Trainer Jürgen Wagner: „Wenn die Kraft stimmt, kann man den Gegner mit Biß und Powerspiel zu Fehlern zwingen. Das ist uns glänzend gelungen.“ Wagner feierte dabei auch einen persönlichen Erfolg: Schon im Vorjahr war er mit den Frauen des CJD Feuerbach Deutscher Meister geworden.
„Wir haben unsere überzeugenden Leistungen aus der Bundesliga- Normalrunde in den Endspielen nicht mehr wiederholen können“, meinte der Wuppertaler Co-Trainer Stefan Mau, dessen Chefcoach Hee Wan Lee, Weltklassezuspieler aus Südkorea, trotz nahezu fehlerfreier Vorstellung die Niederlage nicht verhindern konnte. Per Bayer-Konzernorder war der Ex-Meister aus Leverkusen zu Saisonbeginn nach Wuppertal „delegiert“ worden, was der Mannschaft allerdings nichts von ihrer Klasse nahm.
Obwohl nur Zuschauer, stand Georg Grozer einmal mehr im Mittelpunkt des Interesses. In einer Woche will der gebürtige Ungar entscheiden, ob er ein Millionenangebot aus Italien annimmt. Der Moerser SC hat allerdings noch eine zweijährige Option auf seinen Topangreifer. „Noch ist alles offen. Wir müssen reden“, erklärte der Superstar.
Keine Entscheidung fiel somit auch über eine mögliche Rückkehr Grozers in die Nationalmannschaft und die Abstellung weiterer Moerser Spieler für die Auswahl von Bundestrainer Igor Prielozny. MSC-Vereinschef Günter Krivec zu diesem in Moers schon lange schwelenden Thema: „Ich habe große Zweifel an der Integrität des Bundestrainers. In solche Hände möchte ich meine Spieler eigentlich nicht geben.“ Daraufhin sah sich Prof. Rolf Andresen, Präsident des Deutschen Volleyball- Verbandes (DVV), zu dem Spruch genötigt: „Wenn wir vor die Alternative gestellt werden, uns von Prielozny zu trennen oder auf Spieler des Deutschen Meisters zu verzichten, dann entscheiden wir uns für den Bundestrainer.“ Guido Volkert
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