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Der Bock und sein Garten

■ BRILLANT - ein geradezu glänzendes Magazin aus Bremen

Heißa, nun sei gegrüßt auf Erden, Du unsre Jüngste, von Deinem Stiefgeschwisterlein! Ein halbes Jahr ist es her, da hatte Sigrid Hirt aus Oyten, langjährige Vorsitzende des „Bremer Sekretärinnen-Clubs“ eine Idee; und Chemtron, die Firma ihres Mannes in Oyten, hatte grad, wie's oft kommt, ein bißchen Geld übrig; und Idee und Geld gewannen einander lieb und kamen jetzo nieder mit BRILLANT — dem „Gesellschaftsmagazin aus Bremen“. Ei, ei, ei, wie es strahlt, das Prinzeßchen, wie es blitzt mit güldnen Lettern!

Die Startauflage von 10.000 Hochglanz-Exemplaren liegt jetzt in Bremen und ganz Niedersachsen zum Verkauf aus, zum Preis von sieben Mark. 35 Begeisterte haben schon ein Abonnnement gezeichnet im Gegenwert von vier Ausgaben pro Jahr; und wenn Sigrid Hirt, zugleich Herausgeberin und Chefredakteurin, weiter so rührig ihre Club- Kontakte nutzt und Hochglanz- Anzeigen akquiriert, könnten die restlichen drei durchaus noch zustande kommen.

Bislang nehmen die Anzeigen etwa zwanzig von gut neunzig Seiten ein; Sigrid Hirt will darauf bestehen, daß „zwei Drittel des Blattes mit redaktionellen Texten gefüllt werden“ und hat dafür, wie sie sagt, „die besten Journalisten Bremens“ als freie Mitarbeiter gewonnen.

Freilich. Allen voran Hermann Gutmann, der uns auf sieben Seiten berichtet, daß wir eine Böttcherstraße haben und darob froh sein dürfen und vor allem um die dazugehörige Sparkasse, die geradezu noch unentbehrlicher ist als er selber. Und drei Seiten später revanchiert sich die Sparkasse für die Freundlichkeit und schreibt eine Seite voll über Fragen des Geldanlegens und hat womöglich gar kein Autorenhonorar verlangt.

Alle werben für alle und schreiben zu diesem Zweck über nichts: Ein Udo-Jürgens-Interview ist drin von der Sorte, wie es einem die Udo-Jürgens-Agentur nachschmeißt; Simon Neubauer, „der bekannteste Theaterautor Bremens“ (Hirt) gibt redaktionelle Ausgehtips; der Kosmetiker „Dominique“ gibt redaktionelle Kosmetik-Tips; der redaktionelle Text über die Haarwurzelverpflanzung auf Grundlage der „Hyperbaren Sauerstofftherapie“ ist verfaßt von der Schweizer NOBELCIRRUS M.D. CLINIC, welche dieser cauberhaften Ceitschrift bestimmt auch Normalbares beiträgt. Alle schreiben über alles, und Vera F. Birkenbihl, weil ihr halt sonst kein Thema eingefallen ist, schreibt über Vera F. Birkenbihl und die bekannte Birkenbihl-Methode.

Fehlt noch einer? Aber immer! Alexander Morin, „Professor of Astrology“, schreibt über die Astrologie und der Bock über seinen Garten und endlich ist der Leser durch und hat das Wort: Ich bin so satt, ich mag kein Blatt aus Schmäh. schak

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