: »Ein Rechtsruck ist auch in Berlin anzunehmen«
■ Die taz befragte auf dem Alexanderplatz Passanten, ob es ihrer Meinung nach auch in Berlin einen Rechtsruck geben werde
Inge Ohneseit, 35 Jahre: Ich nehme an, daß die Rechten auch in Berlin mehr Wählerstimmen bekommen werden. Sehr viele Menschen sind unzufrieden, es gibt die große Wohnungsnot und das ungelöste Ausländerproblem. Mir wäre lieber gewesen, wenn in Baden-Württemberg die Grünen oder die PDS soviel gekriegt hätten. Aber ich finde es schon richtig, daß die Politiker aufgerüttelt werden. Die sind so in ihr innerparteiliches Hickhack verstrickt, daß der einfache Bürger schon zweitrangig ist.
Ernst Altmann, 23 Jahre, Yuppie: Wieviel die Rechten bekommen werden? Na mindestens soviel wie in Stuttgart. Darüber darf man sich aber nicht wundern, das Thema ist doch jeden Tag in der Diskussion. Alle beschäftigen sich damit, wer wann den nächsten abnippelt. Die schlagen sich in Berlin nur noch die Köpfe ein. Mich selbst interessiert Politik nicht die Bohne. Ich weiß gar nicht, ob ich zur Wahl gehe.
Rudolf Keck, 55 Jahre, Arbeiter: Ich würde so ein gutes Ergebnis von den Rechten begrüßen. Es geht schließlich nicht mehr so weiter. Die Politiker streiten sich schon seit zehn, fünfzehn Jahren, und die Ausländer strömen immer weiter nach Deutschland, wollen Wohnungen und verursachen hohe Kosten. Der Zustrom muß endlich gestoppt werden. Das letzte Mal habe ich noch CDU gewählt, aber das kommt nicht mehr in Frage. Ich werde entweder eine Rechtspartei oder gar nicht wählen. Den Politikern muß endlich Feuer unterm Arsch gemacht werden, die schlafen ja ein.
Ullrich Krause, 38 Jahre, Sozialarbeiter: Ein Rechtsruck ist auch in Berlin stark anzunehmen. Ich bin im sozialen Dienst tätig und habe sehr viel mit jungen Leuten zu tun. Mir ist klar, was in den nächsten Jahren auf uns für eine Entwicklung zukommt. Die jungen Leute fühlen sich von den Erwachsenen beschissen und benutzt. Gerade die Lage in den neuen Bundesländern ist hochexplosiv.
Ehepaar Kleiber aus Chemnitz, Rentner: (Er:) Ja, wir befürchten das schon seit langem. Die Rufe nach einem starken Mann werden überall wieder laut, vor allem aber in den alten Bundesländern. Wir haben auch gedacht, daß die Linksradikalen zulegen, das hat sich glücklicherweise nicht bewahrheitet. Wissen Sie, ich bin Gründungsmitglied der SPD.
(Sie:) Die Parteien müssen sich endlich einig sein in der Ausländerpolitik.
(Er:) Ich bin kein Ausländerfeind, ich bin ein Ausländerfreund. Aber wir sind gegen solche Asylanten, die aus Rumänien mit zehn Kindern hierherkommen und sich dann politisch verfolgt nennen.
Kora Piskin, 17 Jahre, Schüler: Ich glaube, die »Republikaner« bekommen mehr Stimmen als bei der letzten Wahl, sicher über zehn Prozent. Vor allem wegen der Wiedervereinigung. In der ehemaligen DDR waren so viele Neonazis, die haben sich jetzt mit denen hier bei uns vereinigt. Hier gab es schon genug, aber nicht so viele wie drüben. Ich habe die deutsche Staatsbürgerschaft, aber ich bin erst 17 Jahre. Wenn ich könnte, würde ich die SPD wählen, die ist gut. Umfrage: Micha Schulze
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