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Polen: Zeitungen ohne Eigentümer

■ Nationalbank verfügt Konkurs der Kattowitzer Kredithandelsbank, Herrin über ein Dutzend Zeitungen

Warschau (taz) — Die polnische Nationalbank hat unter ihrer neuen Chefin Hanna Gronkiewicz-Waltz das Konkursverfahren über die Kattowitzer Kredithandelsbank eröffnet. Die Überschuldung war zustande gekommen durch Wechsel der inzwischen ebenfalls im Konkurs befindlichen Skandalfirma Art-B, deren Besitzer Andrzej Gasiorowski und Boguslaw Bagsik sich inzwischen nach Israel abgesetzt haben.

Beiden wirft die polnische Staatsanwaltschaft vor, durch Bestechung gefälschte Kreditbürgschaften der Staatsbank PKO BP erschlichen zu haben. Aufgrund dieser Bürgschaften hatte Art-B damals bei der Breslauer Filiale der Kattowitzer Bank Kredite in Billionenhöhe (mehrere hundert Millionen Dollar) erhalten, aber nie zurückgezahlt.

Nach ihrer Flucht nach Israel hatten Bagsik und Gasiorowski der Bank ihren kompletten Konzern überschrieben. Bald jedoch stellte sich heraus, daß dieser ebenfalls konkursreif war. Hinzu kam, daß sich die PKO BP weigerte, ihre Bürgenpflicht zu erfüllen, mit der Begründung, die Garantien seien so offensichtlich gefälscht gewesen, daß die Kattowitzer Bank sie nie hätte akzeptieren dürfen.

Die Nationalbank hat inzwischen nach Bekanntgabe des ersten Konkurses nach der Änderung des Bankengesetzes im Jahr 1989 erklärt, die Einlagen von Privatpersonen in voller Höhe aus eigenen Mitteln auszahlen zu wollen. Unternehmen werden dagegen nur in Höhe der Konkursmasse befriedigt. Nach polnischem Recht besteht eine staatliche Garantie für Bankguthaben nur bei staatlichen Banken. Eine Möglichkeit, Einlagen bei Privatbanken zu versichern, existiert in Polen nicht.

Der Zusammenbruch der schlesischen Privatbank hat auch Auswirkungen auf Polens Presselandschaft. Im Rahmen der Privatisierung des kommunistischen Pressekonzerns RSW hatte die Bank ein Dutzend Zeitungen und Zeitschriften in ganz Polen aufgekauft und diese zum Teil sehr großzügig kreditiert. Diese Zeitungen, darunter auch das Oppelner Wochenblatt der deutschen Minderheit 'Oberschlesische Nachrichten‘, stehen nun ohne Eigentümer da. Das wiederum sehen Polens Christnationale als Chance, die bei der Verteilung des KP-Erbes 1990/1991 durch die Regierung Mazowiecki nahezu leer ausgegangen waren. Einige ihrer Vertreter haben bereits entsprechende Ansprüche angemeldet. So beschleunigt der Kattowitzer Konkurs voraussichtlich die Eigentums- Umverteilung in Polens Presselandschaft. Klaus Bachmann

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