Funk as Jazz can

■ Die Gruppe „Defunkt“ im Modernes / Mit „sexual educator“ Joseph Bowie

Der etwas wilde Tänzer neben mir trat energisch und genau im Takt auf meinen Fuß, aber daß tat meiner Begeisterung keinen Abbruch, denn der energiegeladene Joseph Bowie ließ Jazz und Funk so heiß aufeinanderprallen, daß kaum einer sich der brodelnden Partystimmung entziehen konnte. Die Bläsersätze klangen fetzig wie aus der besten Bigbandtradition; als Kontrast dazu spielte ein Rockgitarrist schön dreckig, und der Keyboarder ließ mit Vorliebe sein Instrument schreien. Unter all dem ließen Schlagzeuger und Bassistin den funkigen Tanzrhythmus fließen.

Einmal pulsierte der Saal so intensiv in dieser Groove, daß die Musiker ganz aufhören zu spielen und das Publikum sang, klatschte und tanzte minutenlang selber den Song weiter. Später drückten die Musiker den Rhythmus bis zu einem schwülen, weichen Beat herunter, und dazu lieferte Bowie einen erotischen Sprechgesang, der an sexueller Detailiertheit kaum noch zu übertreffen war. Entsprechend wurde er dann als Posaunist, Congaspieler, Lead Sänger, musical director und sexual educator vorgestellt.

Die einzelnen Soli waren auf prägnante Statements reduziert: dabei klang die elektronisch verstärkte Trompete oft sogar noch schneidender als die Gitarre. Der Tenorsaxophonist hielt sich mehr an die satten Lagen seines Instrumentes, Bowies Ausbrüche auf der Posaune waren wild, kantig und manchmal erstaunlich witzig. Der Keyboarder wechselte aus einem waberigem Synthezisersolo, daß wie Filmmuisk zu einem Horrorfilm klang, direkt in eine heitere Salsanummer.

Bowies ganz eigener Stil und seine unbändige Spiellust verschmolz all diese verschiedenen Einflüße zu einer Einheit. Zweieinhalb Stunden lang war er pausenlos auf der Bühne in Bewegung und begeisterte das Publikum. Aber als er es wagte, sich nicht an die Konventionen zu halten und nach diesem langen Auftritt keine Zugabe mehr gab, wurde gepfiffen und geschimpft. Kein schöner Abschluß für die Party. Willy Taub