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Manfred Stolpe bereitet sich auf Karfreitag vor

■ „IM Sekretär“ war Quelle zahlreicher Berichte und Informationen über westdeutsche Politiker

Berlin (taz) — Würde Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt nicht gerade in Südamerika weilen, sondern im heimatlichen Hamburg, wäre ihm gestern bei der Lektüre der Morgenzeitungen das Frühstücksei im Halse stecken geblieben. Der SPD-Mann, dem gerne Eitelkeit nachgesagt wird, soll 1983 mit seinem Besuch der DDR „beabsichtigt (haben), seine Person aufzuwerten“. So jedenfalls steht es in einem unter anderem von der 'FAZ‘ dokumentierten Stasi-Bericht vom 19.August 1983, dessen Quelle mit „IMB (Inoffizieller Mitarbeiter mit Feindberührung, d. Red.) Sekretär“ und OSL Wiegand angegeben ist. Eine Identität des „IM Sekretär“ mit dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) wird nicht mehr angezweifelt.

Wie Schmidt werden von der Quelle „Sekretär“ auch andere westdeutsche Politiker zitiert und beschrieben, die sich unlängst noch schützend vor Stolpe gestellt haben. Solche für die Betroffenen teilweise mehr als peinlichen „Treffberichte“ und „Informationen“ finden sich in der über 600 Seiten umfassenden Anlage zur Gauck- Recherche für den Potsdamer Stolpe-Untersuchungsausschuß.

Über den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Johannes Rau (SPD) heißt es in einem am 29.1. 1985 abgefaßten Bericht, „ihn habe besonders die Atmosphäre beim Gespräch mit dem Staatsratsvorsitzenden, Genossen Honecker, beeindruckt“. Insgesamt sei er von seinem DDR-Aufenthalt „sehr angetan gewesen, so seine eigenen Worte“.

Zuvor, am 3. November 1980, wird Landesvater Rau als Freund und Helfer des damals noch kommunistischen Polen bezeichnet. Nach seinen Ausführungen würde „die BRD ökonomisch sehr viel für die VR Polen tun, was verdeckt geschehe“. Der SPD-Genosse soll auch gesagt haben, der (damals) „neue Ministerpräsident Jaruzelski sei die letzte Instanz vor einem Chaos oder Bürgerkrieg“.

Auch Gerhard Stoltenberg biederte sich offensichtlich bei seinen DDR-Gesprächspartnern an. Nach einer Information vom 6. September 1978 von „IM Sekretär“ und Major Roßberg hob der CDU-Politiker damals die „Vermarktung des Falles Brüsewitz in der BRD-Presse als besonders negativ hervor“. Fünf Jahre später zeigte er dann großes Interesse „zur Person des Genossen Mittag und wollte wissen, ob er konfirmiert worden sei“. Richtig nett fällt die Einschätzung Helmut Kohls nach dessen Zusammentreffen mit dem Dresdner Landesbischof Hempel und Stolpe selbst aus. Der Bundeskanzler sei „kein intellektueller Typ“. Er wirke „wie ein verkannter Geschichtsprofessor“.

Unser Bundespräsident und Frauenliebling von Weizsäcker wird sich im Bericht vom 7.3. 1979 kaum wiedererkennen. In seinem Gespräch mit dem Landessuperintendenten Schröder in Parchim bedauerte das damalige EKD-Ratsmitglied, er könne mit seinem Auftreten (im Westberliner Wahlkampf) „die Frauen nicht so sehr erreichen“. Knapp vier Jahre später warnt er dann die DDR-Führung vor Strauß. Der sei ein „gerissener und skrupelloser Mann, der alles das macht, was in seinen Kram passe“.

Lediglich Jürgen Warnke scheint aus seinem Herzen keine Mördergrube gemacht zu haben. Der am 16.12. 1987 zitierte CSU-Mann und damalige Bundesverkehrsminister „nahm Bezug auf ein Zitat von Churchill, daß derjenige, der mit 18 kein Sozialist war und mit 40 Sozialist ist, kein Hirn hätte“. bg

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