: 150 Kämpferische im Öffentlichen Dienst
■ Gestern begann die Urabstimmung / Wedemeier pfiff Finanzsenator zurück
Punkt 10 Uhr öffnete gestern vormittag die ÖTV ihre Urnen. Und einige hundert Angestellte im öffentlichen Dienst stauten sich zunächst auf den Fluren des Gewerkschaftshauses, um auf eine Frage zu antworten: „Bist Du bereit, zur Durchsetzung unserer berechtigten Forderungen in den Streik zu treten?“ Wenn 75 Prozent der bis Freitag abgegebenen Stimmen auf Ja lauten, dann kann es schon in der nächsten Woche zu Streiks im öffentlichen Dienst kommen.
Allzu kämpferisch war die Stimmung gestern allerdings noch nicht. An einer spontanen Demonstration, die vom DGB- Haus zum Rathaus zog, nahmen um 11.00 Uhr nur rund 150 ÖTV'ler teil. Mit einem Scheitern der Urabstimmung rechneten die etwas frustierten Demonstranten dennoch nicht. „Wer gegen den Streik ist, geht erst gar nicht zur Urabstimmung!“, meinte einer.
Kurze Zeit später stand Finanzsenator Volker Kröning zeitunglesender Weise auf der Straße und war sichtlich amüsiert über die Schlagzeile: „Streik droht — Senat uneins.“ In der Tat hatte Bürgermeister Klaus Wedemeier gleich nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub Krönings Vorstellung verworfen, den Angestellten im öffentlichen Dienst eine 500 Mark hohe Vorabzahlung zukommen zu lassen. Während Kröning sich in Übereinstimmung mit der Tarifgemeinschaft der Länder sah, wollte Wedemeier kein zusätzliches Öl ins gewerkschaftliche Feuer gießen. Dabei hatten Kröning und sein Staatsrat für das Personalwesen, Friedrich Dopatka, in Gesprächen mit dem Vorsitzenden des Gesamtpersonalrats, Gerhard Tilsner, den Eindruck bekommen, daß auch der hinter der Vorabzahlung steht, —obwohl die ÖTV dieses Vorgehen der Länder für einen Bruch der Tarifautonomie hält.
Wedemeier ließ sich dadurch jedoch nicht beeindrucken und verfügte per Pressemitteilung den Rückzieher. „Wahrscheinlich will der Bürgermeister am 1. Mai reden“, wurde daraufhin im Finanzressort gespöttelt.
Der Gesamtpersonalratsvorsitzende Gerhard Tilsner mochte übrigens gestern nachmittag von einer Zustimmung zur Vorabzahlung nichts mehr wissen. „So ist das nicht ganz korrekt“, meinte er auf Nachfrage. Er sei von Staatsrat Dopatka lediglich informiert worden, wie Bremen sich verhalten werde, und habe in dem Gespräch mit ihm nur technische Fragen erörtert.
hbk
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