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Humboldt-Uni wehrt sich gegen Fusionsgesetz

Berlin. Die vom Senat geplante Fusion von Fachbereichen der drei Berliner Universitäten scheint auf eine offizielle Verschmelzung mit einseitigem Abspecken hinauszulaufen. Wie der Prorektor der Humboldt- Universität (HUB) Volker Klemm gestern mitteilte, sieht der von den Fraktionen der CDU und SPD ausgearbeitete Entwurf für ein Fusionsgesetz den Wegfall von mehr als 50 Prozent der 567 HUB-Stellen an den drei zu verschmelzenden Fachbereichen vor. Sämtliche Mitarbeiter von Freier und Technischer Universität würden hingegen unter dem Passus »Besitzstandswahrung« weiterbeschäftigt.

Einer Fusion unter diesen Bedingungen könne die Hochschule nicht zustimmen. Dagegen sei der vorliegende Entwurf für ein Personalüberleitungsgesetz annehmbar — vorausgesetzt, es würden darin einige Veränderungen vorgenommen.

Der Akademische Senat der Humboldt-Uni hatte bereits vor zwei Wochen den Gesetzentwurf zum Zusammenschluß der Fachbereiche Veterinärmedizin, Lebensmitteltechnologie und Agrarwissenschaften abgelehnt, da dieser von vornherein auf die Gleichbehandlung der drei Fusionspartner verzichte.

Nach Aussage der betroffenen HUB-Dekane widerspricht die vorgesehene drastische Personalreduzierung eindeutig den Empfehlungen des Wissenschaftsrates, der im Ergebnis seiner Evaluierung 1991 den Fachbereichen bezüglich ihrer wissenschaftlichen Leistung ein eindeutig positives Votum ausgesprochen hatte. Dennoch sollen in der Agrarwissenschaft 40 Prozent, in der Lebensmitteltechnologie fast 50 Prozent und in der von Experten als »beachtenswerte Einrichtung« gewerteten Veterinärmedizin sogar 93 Prozent aller Stellen wegfallen, was quasi eine abermalige Abwicklung von Teilen der Humboldt-Uni bedeute. Den am schärfsten betroffenen Tiermedizinern blieben ganze 13 Stellen, alle anderen 457 in dem bis zum 1. Oktober an der HUB neu zu schaffenden Fachbereich würden von FU-Mitarbeitern besetzt.

Mit dem Blitzabbau selbst positiv evaluierter Humboldtianer befürchtet die Universität zudem verheerrende Folgen für die Studenten. Der Grund: Die Zahl der Mitarbeiter würde quasi über Nacht reduziert, doch die Studenten ehemals zweier Fachbereiche müssen weiter ausgebildet werden. Eine Massenexmatrikulation von mindestens 600 Humboldt-Studenten sei die Folge, prophezeite Hiepe.

Zu dem Entwurf des Gesetzes, das noch vor der Sommerpause vom Abgeordentenhaus verabschiedet werden soll, findet am kommenden Montag eine Anhörung im Wissenschaftsausschuß statt. Die Humboldt-Universität wird dort ihre Forderungen nach einem gleichberechtigten Zusammenschluß vorbringen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat für Montag zu einer Protestkundgebung vor dem Rathaus Schöneberg aufgerufen. adn

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