: EIN BESCHEIDENER VORSCHLAG Von Hans-Georg Behr
Grruu — grrruuuh! Was fällt uns dazu ein? Natürlich unsere fliegenden Ratten, die Landplage unserer Städte. Weil wir nur gute Demokraten sein können, wenn wir ein solides Haßobjekt haben, möchte ich für den Wonnemonat die Tauben vorschlagen. Sie sind schon lange fällig, zumal sie wie keine Gruppe in der BRD lange Zeit gehätschelt wurden.
Über zweitausend Brieftaubenzüchtervereine müssen wir ertragen, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie von Seiters und Simonis gegen die ÖTV als Streikbrecher eingesetzt werden. Das Ruhrgebiet ist dank ihnen ein einziger Scheißhaufen, und selbst die türkischen Kumpel haben von ihren polnischen Vorgängern das Züchten von Milbenträgern übernommen, was doch nichts anderes ist, als ein Anschlag auf unsere deutsche Hygiene. Und darüber hinaus die unzähligen Wilden, die unsere Städte heimsuchen, genau nachgerechnet 12.750mal mehr als alle Asylanten zusammen! Über die aber redet man im Bundestag, und über die wahre Pest nicht! Es ist Zeit, sie zu entdecken.
Was tun sie? Nichts als ununterbrochen gurren und balzen, was uns meist noch nicht einmal an Wochenenden vergönnt ist. Und wenn sie ihre schlampigen Nester in irgendwelche Dreckwinkel gebaut haben, führen sie sich auf wie werdende Mütter bei den Alternativen. Und die kommen uns auch noch in Verbindung mit debilen Rentnerinnen als Tierschutz daher. Selbst die DGS, die Deutsche Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung, darf nur mehr mit neckischen Plastikspitzen dagegen angehen — vergrämen heißt das —, wo sie uns doch einst das nachweislich wirkungsvolle Cyklon B beschert hatte. Und was machen die Tauben mit den Spitzen auf den Fensterbrettern? Sie scheißen sie zu, bis sie wieder darauf gurren können. Sie scheißen und scheißen; nur wenn unser Kanzler sein Bad in der Menge nimmt, versäumen sie ihre vornehmste Pflicht. Eine esoterische Freundin hat mir ausgependelt, daß Hitchcock als Taube wiedergeboren wurde und sie seither trainiert. Sie hat recht.
Wie kommen wir überhaupt auf Tauben? Picasso, fällt mir ein, war Sohn eines Taubenmalers, eines hauptberuflichen! Und dann kam die KP wg. Frieden, und Picasso fiel nur eine Taube ein. Seither haben wir sie auch noch als Symbol — kein Wunder, daß die Friedensbewegung mit diesem wurmverseuchten Ekelvieh nicht erfolgreich werden konnte. „Eigentlich hasse ich Tauben“, sagte Picasso einmal. Vielleicht war er von der Rüstungsindustrie gesponsert.
Also mein bescheidener Vorschlag: Wie einst Mao seinen Chinesen befahl, zehn Fliegen pro Tag zu klatschen, als ernsthafte Variante zur Eroberung des Mondes, sollte jederIn den Mai über zehn Tauben täglich erwürgen. Bei mildem Wetter wäre auch Kreislers Taubenvergiften zu empfehlen. Das wäre ein umweltfreundlicher Beitrag, außerdem können wir so unsere Aggressionen abreagieren und werden damit weder zu einer Gefahr für unsere ausländischen Mitbürger noch für unsere herrschende Klasse. Unter der Bedingung, nicht ihre Fraktion zu bewirten, statten wir auch Frau Schwaetzer mit etwas Zyankali aus. Als Pharmazeutin schätzen wir sie mehr denn als Bauministerin. Und wohin mit den Kadavern? Solange die Müllabfuhr streikt, könnten wir sie vor Siebecks Haustür entsorgen, der immer noch Taubenbrüstchen als Delikatesse empfiehlt. Mögen alle Salmonellen über ihn kommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen