: Unterm Strich
Das erste Selbstporträt von Otto Dix (1891 bis 1969) kommt bei der Sotheby's-Frühjahrsauktion Ende Mai in Berlin unter den Hammer. Das „Selbstporträt mit Wanderhut“ von 1912 war bei der großen Retrospektive zum 100. Geburtstag des Malers noch in Stuttgart und Berlin gezeigt worden. Sein Schätzwert beträgt 350.000 bis 450.000 DM. Für den gleichen Preis befindet sich außerdem von Dix das „Porträt des Dr. Roesberg“ (1922) im Angebot. Unter den wertvollsten Offerten sind Werke von Lovis Corinth, Max Beckmann, Oskar Kokoschka, Emil Nolde und Max Pechstein.
Das Frankfurter Schauspiel bringt in der nächsten Spielzeit mehrere neue Stücke heraus. Wie Intendant Peter Eschberg am Donnerstag ankündigte, stehen als Uraufführungen „Festung“ und „Katarakt“ von Rainald Goetz Mitte Dezember auf dem Premierenkalender. Im gleichen Monat wird „Iphigenie in Freiheit“ von Volker Braun uraufgeführt. Außerdem soll im Februar 1993 Lothar Trolles „Wstawate, Lizzy, Wstawate“ erstmals über die Bühne gehen.
Nach Osteuropa werden ab Juli keine Bibeln und Neue Testamente mehr in nennenswertem Umfang geliefert. Wie die Deutsche Bibelgesellschaft in Stuttgart mitteilte, können die für das laufende Jahr zum Bibeldruck benötigten Gelder in Höhe von rund 25 Millionen DM nicht aufgebracht werden. Allein für die „dringendsten“ Projekte sei die Hälfte dieser Summe erforderlich, so hieß es. Um die enorm gestiegene Nachfrage vor allem in den GUS-Staaten finanzieren zu können, hatte der Weltbund der Bibelgesellschaften für die Jahre 1991 bis 1994 einen Sonderhaushalt über rund 100 Millionen DM beschlossen. Damit sollten etwa 30 Millionen biblische Schriften produziert werden. In die frühere Sowjetunion wurden allein im vergangenen Jahr rund 3,3 Millionen Bibeln geliefert. Wir bitten fromme Leser, trotz der angespannten Bibellage an uns zu spenden. Die Auflage der taz ist schließlich noch viel kleiner.
Heute geht in Nürnberg der 19. Internationale Hegel-Kongreß zu Ende, der am Donnerstag eröffnet wurde. Der Zusammenbruch des „real existierenden Sozialismus“ stand auf dem Programm. Wolfgang Sünkel von der Internationalen Hegel-Gesellschaft warnte zur Eröffnung der Tagung vor der „wachsenden Gefahr einer nationalstaatlichen Geschichtsverengung“, der auch von Seiten der Wissenschaft entgegengewirkt werden müsse.
Der Jerusalemer Philosoph Shlomo Avineri betonte, nach dem Zusammenbrechen der politischen Systeme im Ostblock fehlten dort überall die zum Aufbau einer bürgerlichen Gesellschaft notwendigen Strukturen. „Nach dem Zugrundegehen der totalitären Staaten gibt es dort keine institutionellen Strukturen mehr zwischen Individuum und Gemeinschaft.“ Wie schon Hegel erkannt habe, sei „einer, der alle vier Jahre zur Wahl geht, noch kein Staatsbürger“.
Der Vorstand der Hegel-Gesellschaft, Wolfgang Lefèvre, forderte dazu auf, angesichts der tiefgreifenden politischen Veränderungen die „Verstrickungen der Philosophie in die Geschehnisse der vergangenen sechzig Jahre“ zu erkennen und aufzuarbeiten.
Die Streiks im öffentlichen Dienst könnten die Spielpläne der westdeutschen Theater noch monatelang beeinträchtigen. Das befürchtet der Deutsche Bühnenverein in Köln aufgrund einer stichprobenartigen Umfrage bei etwa 20 Häusern. Danach kommt es durch den Arbeitskampf nicht nur zu Ausfällen bei den aktuellen Aufführungen, sondern auch zu Problemen bei den Proben. Als Folge drohten in den kommenden Monaten zahlreiche Premieren „ins Rutschen zu kommen“, heißt es in einer Mitteilung des Bühnenvereins vom Freitag.
Von den Arbeitskampfmaßnahmen seien Theater von Hamburg bis München betroffen. Das Norddeutsche Theatertreffen in Kiel sei stark beeinträchtigt worden. An der Deutschen Oper Berlin sei die Premiere der Rossini-Oper „Die Italienerin in Algier“ von Jérôme Savary am kommenden Sonntag nicht gesichert. Besonders konsequent seien die Streikenden an den nordrhein-westfälischen Bühnen. So laufe etwa an den Städtischen Bühnen Köln „seit Sonntag gar nichts mehr“.
Es streiken, wie der Bühnenverein erklärte, lediglich das technische Personal und die Theaterverwaltungen. Die Künstler wollten dagegen spielen. An einzelnen Bühnen hätten die Streikenden aber auch Aufführungen verhindert, indem sie den Hauptstrom abschalteten, die Vorhänge herunterließen oder die Bühneneingänge verriegelten. Unter anderem in Bielefeld, Mannheim, München, Essen und Köln seien Proben behindert oder vereitelt worden. Die Einnahmeverluste sind nach Angaben des Bühnenvereins beträchtlich. Allein das Thalia-Theater in Hamburg habe etwa 55.000 Mark eingebüßt. Das Saarländische Staatstheater in Saarbrücken rechne mit einem Verlust von bislang rund 100.000 Mark.
Eine Menge Literaturveranstaltungen stehen in Berlin an. Einen langen Samstag der Autoren plant das das Deutsche Theater Berlin am 16. Mai. 20 Autoren, darunter Friederike Mayröcker, Heiner Müller, Lew Kopelew, Armin Müller-Stahl, Christoph Hein, Hans Mayer, Helga Königsdorf und Ernst Jandl, sind an den Lesungen mit anschließenden Diskussionen beteiligt. Zehn Autoren sind Gast österreichischer Literaturtage vom 11. bis 15. Mai in der Literaturwerkstatt am Majakowskiring in Berlin-Pankow. Zur Kenntnis gegeben wird ausschließlich experimentelle Literatur. Und im Kunst- und Kulturzentrum „Brotfabrik“ am Prenzlauer Berg in Berlin werden vom 5. bis 26. Mai verschiedene Hörspielgenres und ihre Autoren vorgestellt. Eröffnet wird die Reihe mit einer Uraufführung von Frieder Butzmanns neuer CD „Dive Bombers“.
Ein Medienzentrum für die Film- und Videobranche soll in Frankfurt am Main entstehen. Als Betreibergesellschaft haben sich fünf Verbände und Institutionen sowie 14 Firmen zusammengeschlossen, die einen Gesamtjahres-Umsatz von 27 Millionen Mark repräsentieren. Für das Medienzentrum soll bis Ende 1993 die Bosch-Fabrik im westlichen Stadtteil Bockenheim erweitert werden. Der Besitzer des Objekts will dafür bis zu 15 Millionen Mark investieren, wurde am Mittwoch mitgeteilt. Das Medienzentrum soll für Film- und Fernsehproduktion genutzt werden.
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