: NRW für Ausweitung des Methadon-Programms
■ Aus Düsseldorf Walter Jakobs
Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Hermann Heinemann erwartet für das kommende Jahr eine erhebliche Ausweitung des bisher sehr erfolgreich verlaufenden Methadon-Programms in Nordrhein- Westfalen.
Zur Zeit werden etwa zweihundert Heroinabhängige in Nordrhein- Westfalen im Rahmen eines Pilotprojektes täglich an acht Standorten mit Methadon versorgt. Das Düsseldorfer Gesundheitsministerium verhandelt derzeit mit den Renten- und Krankenversicherungsträgern über die Finanzierung eines Anschlußprogrammes.
Heinemann gab sich gestern „optimistisch“, daß die Gespräche zum Erfolg führen und im kommenden Jahr „wesentlich mehr Heroinabhängige Methadon erhalten werden“. Der Landesdrogenbeauftragte rechnet damit, daß etwa zehn bis zwölf Prozent der rund zwanzigtausend Heroinabhängigen in Nordrhein-Westfalen für ein Anschlußprogramm in Frage kommen.
Dafür sollen die bisher sehr restriktiven Einstiegsvoraussetzungen abgemildert werden. Voraussetzung für die Teilnahme am Methadon- Programm bleibt in Nordrhein- Westfalen aber in jedem Fall der vollständige Verzicht auf Heroin. Den in den Niederlanden tolerierten Beigebrauch von Heroin bei den Methadon-Empfängern lehnt Heinemann nach wie vor ab.
Von „holländischen Verhältnissen“, die der Minister nach einem Besuch in den Niederlanden erst jüngst als erstrebenswert bezeichnet hatte, kann man in Nordrhein-Westfalen indes auch nach der geplanten Ausweitung nicht sprechen. Während in den Niederlanden zwölftausend der zwanzigtausend Heroinabhängigen mit Methadon versorgt werden, kommen von den ebenfalls rund zwanzigtausend Heroinabhängigen zwischen Rhein und Weser maximal 2.500 für den Umstieg in Betracht.
Das bisherige Pilotprojekt läuft nach fünfjähriger Dauer Ende dieses Jahres aus. In der von „prognos“ erstellten Begleitstudie ist von einem „sehr hohen Rehabilitationserfolg, bezogen auf Gesundheit, Integration und Beruf“, die Rede. Die Abbrecherquote lag bei fünfzehn Prozent.
Achtzig Prozent der TeilnehmerInnen werden als sozial gut integriert bezeichnet. Zwei Drittel von ihnen gingen schon im zweiten Jahr der Behandlung einer beruflichen Tätigkeit nach oder sind in Ausbildung oder Umschulung. Den Verzicht auf die „Ersatzdroge“ Methadon schaffte während der ersten vier Jahre indes nur ein Patient. Sieben Ex-Junkies starben während der Teilnahme am Programm. In keinem Fall sei dafür aber die Vergabe von Methadon verantwortlich, sagte Heinemann gestern.
Bei seinen Verhandlungen mit den Krankenkassen und Rentenversicherungen strebt der Minister an, daß die Träger künftig die Kosten für die Methadon-Patienten — wie bei einer Abstinenztherapie auch — vollständig übernehmen.
Sollten die Verhandlungen scheitern, will das Land zumindest für die TeilnehmerInnen des Pilotprojektes eine Anschlußregelung selbst finanzieren.
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