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Die Vizzuti-Methode

■ Der berühmte Trompeter Allen Vizzuti, demnächst Gastprofessor in Bremen, über den guten Ton

Allen Vizzuti, während einer Stippvisite im Gespräch mit der tazFoto: Falk Heller

Mit Otto Sauters Trompeten- Herbstakademie hat im letzten Jahr alles angefangen, jetzt fallen dem Lande Bremen erste Früchte in den Schoß: Allen Vizzuti, international bekannter US-amerikanischer Trompeter, kommt für eine Gastprofessur ein Jahr an die Hochschule für Musik. Vizutti, der nach steiler Karriere auf den Bühnen zwischen Japan, Brasilien, Schweden und Polen mit Barockmusik und Jazz Furore machte, war am Wochenende in Bremen, dicke Notenstapel unter dem Arm. Am Rande des sonntäglichen HfK- Eröffnungskonzerts sprach die taz mit ihm.

taz: Sie haben schon als kleiner Junge von Ihrem Vater Trompeten-Unterricht bekommen. Wollten Sie nicht auch mal ganz was anderes werden?

hierhin den Männerkopf

Allen Vizzuti: Trompete war immer sehr interessant für mich, auch der Teil, der harte Arbeit war. Und weil ich sehr schnell die Erfahrung von Erfolg machte, wurde das schnell wichtiger für mich als alles andere. Aber ich war wie alle Kinder, ich übte nicht jeden Tag. Ich mußte mich zum Glück nie wirklich für oder gegen Musik entscheiden.

In Ihrem Trompeten-Lehrbuch raten Sie: 'Übe täglich. Bleibe geduldig'. Üben Sie täglich?

Mehr als je. Alle Blas- und Blechinstrumente arbeiten, sie sind nach Pausen nicht leicht zu spielen. Allein den Ton zu spielen, wir nennen das tone production, ist schwierig. Ich versuche, täglich etwas zu tun. Das ist besser, als wöchentlich einige Stunden.

Sie geben Konzerte in 30 Ländern, arbeiten mit berühmten Künstlern und Ensembles zusammen. Sie

spielen Klassik und Jazz, Sie nehmen Pop-Platten auf mit Sinatra, Streisand und Diamond, Sie produzieren Musik für über 100 Filme, zum Beispiel für Star- Trek, und Sie treten auf in Fernseh-Shows — und sogar in der Werbung. Wo ist Ihr Herz dabei?

Oh! An zwei Stellen. Erstens: die wirkliche klassische Musik, als Solist. Das ist aber begrenzt, weil sich das Instrument nach dem Barock nur sehr langsam entwickelt hat. Es gibt Barock-Musik und eine Menge zeitgenössische. Und zweitens: die kreative Freude, Jazz zu spielen, auch zeitgenössischen. Seitdem ich übrigens wegzog aus Los Angeles, hab ich weniger Werbespots gemacht. Das gehört zu L.A., die Wege sind kurz, und die Telefonanrufe schnell: Kommen Sie sofort!

Als Sie selbst Trompete gelernt haben, was hat Sie am meisten Schweiß und Tränen gekostet?

Trompeten-Studenten wird das vielleicht überraschen, wenn sie meine Musik kennen: Was ich spät und schwierig gelernt habe, war, die hohen Töne zu spielen, was ich jetzt ganz gut kann. Und was noch ziemlich frustrierend war: mit 17 Jahren mit dem Jazzspielen zu beginnen, während die anderen schon Jahre dabei sind. Das kann man nämlich nicht technisch lernen, das muß man leben. Und wo ich aufwuchs, in einer kleinen Stadt mit Farmen rundum, da war kein Jazz.

Bremen hat Ambitionen und will an die Spitze der deutschenTrompeten-Szene mit seiner geplanten Akademie. Was halten Sie davon?

Es sieht aus, als könnte das glücken. Die Idee ist ja nicht, irgendwo anders etwas wegzunehmen. Die Professoren, die Otto Sauter für Bremen gewonnen hat, aus Berlin, Schweden, USA, Frankreich, sind exzellent. Das ist großartig! Ich glaube, andere Städte werden versuchen, das nachzumachen.

Sie haben drei Lehrbücher mit Texten und Noten herausgegeben für Trompeten-Unterricht, die „Allan Vizzuti-Methode“. Was ist daran das Besondere? Die Technik? Das Atmen? Die Auswahl der Stücke? Der musikalische Ausdruck?

Das besondere ist das, was ich „zweckmäßige Technik“ nenne. Man muß sich klarwerden, was die Trompete kann, musikalisch und technisch. Studenten neigen dazu, Büchern zu glauben und aufzuhören, wenn das Buch endet. Mein Buch will zeigen: Alle Blasinstrumente-Techniken haben den einen, den guten Ton zur Grundlage.

Unterrichten Sie in den USA?

Gar nicht mehr, nur manchmal Meisterklassen für wenige Tage.

Aber Sie werden ein Jahr lang in Bremen Trompete unterrichten.

Ja, mit Jazz- und Pop-Einflüssen. Ich bin glücklich darüber! Wir haben uns kennengelernt und unsere Pläne ausgetauscht auf dem Internationalen Bremer Trompetenfestival letztes Jahr.

Sie sind 39 und haben eine Top- Karriere gemacht. Wann werden Sie nun auch noch das Komponieren anfangen?

Es fühlt sich für mich nicht nach Top an... Ich komponiere schon seit langem. Meine Stücke haben die Londoner Philharmoniker gespielt und aufgenommen, Orchester in New York, Los Angeles. Ich habe Stücke geschrieben für Trompete und Klavier, Trompete und Streicher, auch eine Harfen- und Flöten-Sonate, Klavier- Stücke. Gerade bin ich mit einem Trompeten-Konzert fertig geworden, das ich im Juni in Japan spiele. Ich entdeckte, daß Schreiben neben dem Trompetespielen fast eine Erholung ist.

Sie raten in Ihrem Lehrbuch: „Sei geduldig und hartnäckig“. War das Ihr Schlüssel zum Erfolg?

Ja, und Musik zu machen anstatt bloß Trompete zu spielen. Es gibt große Musiker - und es gibt Leute, die sehr hoch, sehr schnell spielen können, aber man hört nur die Noten und mag nach drei Minuten nicht mehr. Es ist grundsätzlich in Ordnung, ein paar Fehler zu machen und ein paar wunderbare Passagen zu spielen. Das versuche ich.

Fragen und Übersetzung: Susanne Paas

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