: Keine Ökoenergie fürs Hollerland?
■ Stadtwerke verlangen horrende Preise / Gewoba: Ein indiskutables Angebot
Eigentlich hatten es sich die Beteiligten ganz einfach vorgestellt: Die 1000 neuen Wohnungen, die in dem Neubaugebiet Horn-Lehe- West am Rande des Hollerlandes entstehen werden, sollten direkt aus einem eigenen kleinen Heizkraftwerk mit Wärme versorgt werden. Und später einmal sollte bei Bedarf aus dem Heizkraftwerk ein Blockheizkraftwerk werden, in dem auch Strom erzeugt wird.
Doch mit der aus Umweltgründen unschlagbaren Nahwärmeversorgung wird es möglicherweise nichts. Alle Zeichen deuten darauf hin, daß trotz der Bemühungen von Umwelt- und Energiesenator Ralf Fücks in Horn- Lehe-West mit Gas oder gar Öl geheizt werden wird. Der Grund: Die Stadtwerke Bremen haben den Wohnungsbauunternehmen eine Nahwärme-Kalkulation aufgemacht, die für diese absolut unannehmbar ist.
Die ersten Häuser sollen noch in diesem Jahr von dem Bauunternehmer Zech erstellt werden. Der hat inzwischen schriftlich mitgeteilt, daß er die Konditionen der Stadtwerke keinesfalls akzeptieren wird. Die Stadtwerke haben nämlich folgende teure Rechnung aufgemacht: Da die Bauunternehmen die Kosten für Heizungsanlagen sparen, sollen sie sich mit 28,50 Mark pro Quadratmeter Wohnfläche an den Investitionen der Stadtwerke beteiligen. Neben Zech hat auch die stadteigene Gewoba, die die meisten Wohnungen bauen wird, die Stadtwerkeforderung erhalten. „Dieses Angebot ist auch für uns absolut unakzeptabel“, meint Gewoba- Pressesprecher Ulrich Höft.
Bei der Gewoba ist man über das Vorgehen der Stadtwerke verwundert. Bei Gesprächen im Januar hatten die Stadtwerke der Gewoba ein Angebot unterbreitet, daß auf Anschlußkosten von 1000 Mark je Wohnung hinausgelaufen wäre. Für die Gewoba war dies laut Höft eine „Gesprächsgrundlage“. Doch im April verlangten die Stadtwerke plötzlich ganz andere Summen. Auf Basis der 28,50 Mark je Quadratmeter wurde der Preis auf 3000 Mark je Wohnung verdreifacht. „Erklären konnten uns die Stadtwerke diesen Preissprung bislang nicht“, meint Höft.
Die Gewoba ist auch deswegen irritiert, weil die Stadtwerke in anderen Fällen wesentlich weniger Geld für den Fernwärmeanschluß verlangt haben. So kostete ein Anschluß in der Koblenzerstraße in Tenever kürzlich mit 2,50 Mark je Quadratmeter weni
ger als ein Zehntel der jetzigen Forderungen.
Die Stadtwerke erklären diese riesigen Preisdifferenzen mit unterschiedlichen Kosten. Horn- Lehe-West liege außerhalb der ausgewiesenen Fernwärmevorranggebiete, meinte Stadtwerke- Pressesprecher Hans-Peter Berndt, deshalb müsse dort anders kalkuliert werden.
In Kreisen von Stadtwerkekritikern schenkt man dieser Argumentation keinen Glauben. „Die Stadtwerke sind nach wie vor gegen diese Heizenergie“, wird vermutet. Die „willkürliche“ Forderung sei Bestandteil einer „Verhinderungsstrategie.“ Und weiter: Es könne nicht angehen, daß im Bereich Fernwärme mit völlig unterschiedlichen Zahlen ope
riert werde. „Wer die Fernwärme wirklich will, der muß endlich dafür sorgen, daß im gesamten Versorgungsgebiet der Stadtwerke auch die gleichen Preise dafür gelten.“
Letztlich wird sich die Energiefrage Horn-Lehe-West wahrscheinlich in der kommenden Woche entscheiden. Dann trifft sich der zuständige Senator Ralf Fücks noch einmal mit Stadtwerke-Chef Czichon, um über dieses Thema zu verhandeln.
Wenn Fücks die Stadtwerke nicht dazu bewegen kann, die Preise um etwa die Hälfte zu senken, ist er von seinem Ziel, aus Horn-Lehe-West ein ökologisches Musterprojekt zu machen, wieder ein gutes Sück weiter entfernt. hbk
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