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GASTKOMMENTARHoffnungsschimmer

■ In Afghanistan versucht das neue Regime den vorsichtigen Ausgleich

Alle UN-Pläne, im Rahmen eines geordneten Übergangs der Macht eine politische Lösung für Afghanistan zu finden, sind von den aktuellen Ereignissen in Kabul überrollt worden. Der Platz Najibs, der zuletzt nicht einmal mehr das afghanische Militär hinter sich hatte, ist von einer zerbrechlichen Koalition von „Widerstandsführern“ übernommen worden, die — von wenigen Ausnahmen abgesehen — alle eines gemeinsam haben: Sie sind allesamt Marionetten Pakistans, ihre „Parteien“ Kunstprodukte schon aus den Zeiten des pakistanischen Diktators Zia ul Haq (denen jeder afghanische Flüchtling beitreten mußte, allein um seinen Flüchtlingsstatus in Pakistan zu begründen) — politisch an der kurzen Leine geführt von SAFRON, der Afghanistan-Abteilung der pakistanischen Regierung, und vom ISI, dem militärischen Geheimdienst Pakistans.

Einen unabhängigen, organisierten afghanischen Widerstand hat es in Peshawar nie gegeben— ebensowenig wie im Iran, wo die Ayatollahs immer den Daumen auf allen Aktivitäten der in Meshad residierenden afghanischen Schia-Parteien hatten.

Die bislang bekanntgewordenen Namen der Mitglieder des neuen Übergangsrates in Kabul spiegeln diesen Zustand wider. Seine Zusammensetzung macht deutlich, daß sich im eigentlichen Entscheidungszentrum, in Islamabad, die „Bazaari-Fraktion“ um Ministerpräsident Nawaz Sharif durchgesetzt hat, die aus wohlverstandenem wirtschaftlichem Interesse an einem möglichst friedlichen Machtübergang in Afghanistan interessiert sein muß.

Aus der Fortsetzung der massiven Unterstützung von Hekmatyars „Hizb-e-Islami“ durch den ISI und das pakistanische Militär wird aber ebenso deutlich, daß die „Militärfraktion“ im pakistanischen Machtkartell ihre Vorstellung von einer LÖsung des Afghanistan-Problems noch lange nicht aufgegeben hat.

Der Name von Übergangspräsident Sibghatullah Mudschaddidi, militärisch schwach und ideologisch kaum weniger fundamentalistisch als die „Fundamentalisten“ um Hekmatyar, anerkannter islamischer Theologe und vor allem Pathane, steht deshalb für den Versuch des vorsichtigen Ausgleichs zwischen dem alten Regime und dem Regime der Mudschaheddin, für den glaubwürdigen Versuch, die enorme Sprengkraft der ethnischen Probleme Afghanistans nicht zum alles bestimmenden Faktor künftiger Auseinandersetzungen werden zu lassen.

Mit Mudschaddidi wird Afghanistan noch lange nicht ein demokratischer Staat, wie wir ihn uns vielleicht wünschen würden. Mudschaddidi ist aber zur Zeit mit Sicherheit die einzige Chance für Afghanistan, um der endlosen Fortdauer des Blutvergießens ein Ende zu bereiten. Uli Fischer

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