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Monopoljournalismus

■ Von unfeinen Methoden, journalisten Wettstreit als Machtkampf zu gestalten

„Recherchieren“, „rasender Reporter“, das sind Begriffe, die die staunende Hochachtung der lesenden ZeitgenossInnen vor journalistischer Arbeit zum Ausdruck bringen. Schnelligkeit, gute Kontakte, die Fähigkeit, die Informationen dem Opfer geradezu aus der Nase zu ziehen... Woher die Zeitung diese oder jene Information mal wieder hat — manchmal bleibt das ein Geheimnis, und dieses Element der Pressefreiheit ist durch das „Zeugnisverweigerungsrecht“ dagegen geschützt, daß mächtige Betroffene von einer Indiskretion die Offenlegung der Quellen erzwingen wollen.

Genau hinsehen tut auch die Konkurrenz — sofern es eine gibt. Die aufmerksamsten LeserInnen der Zeitung sind in aller Regel die KollegInnen vom Konkurrenzblatt. Das ist gut so, denn „Guck mal, woher haben die denn das?“ ist eine der Stacheln journalistischen Eifers.

Um so erstaunter waren wir, als wir aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen folgendes erfuhren: Da stand eine Sache exklusiv in der Zeitung 1, nennen wir sie einmal „taz“, und Zeitung 2, nennen wir sie zum Beispiel „WK“, wußte davon nichts (zu melden). Das soll vorkommen, umgekehrt auch. Nun aber folgendes: Ein Ressortleiter des Blattes 2 trifft einen, den er für einen möglichen Informanten von Zeitung 1 hält und sagt in warnendem Tonfall, das gehe so nicht. Was er genau gesagt hat, haben wir längst vergessen, weil wir es für einen Einzelfall hielten.

Aber der Vorfall blieb kein Einzelfall. Ein anderer Fall wird uns hintertragen, die Umstände ähneln sich, ein Mitarbeiter einer Behörde, der überhaupt nicht weiß, was da gespielt wird, wird verdächtigt, undichte Stelle für die in unserem Beispiel „taz“ genannte Zeitung zu sein. „Wir können auch anders“, hat der Kollege Ressortleiter dem Beamten gedroht. Das sitzt: Niemand ist so abhängig von einer guten Presse wie Politiker, und wenn zum Beispiel die Zeitung 2 eine große Auflage hat und die Zeitung 1 nur eine kleine, dann könnte der Eindruck entstehen, mitten in Bremen sollten Politiker durch solche Sätze erpreßt werden, die Zeitung 2 so „zu bedienen“, daß sie in der Konkurrenz mit der Zeitung 1 immer gut wegkommt und auf der Ressortleiterkonferenz nie wieder jemand sagen kann: „Warum haben wir das eigentlich nicht gehabt?“

Machtmißbrauch ist immer ein Thema für Zeitungen. Warum sollte Machtmißbrauch durch Zeitungen keines sein? Darf eine andere Zeitung kollegial schweigen, bloß weil sie betroffen ist?

Wir wollen hier auf Namen verzichten, in Zukunft aber jeden Fall einer „Beschwerde“ der ober geschilderten Art öffentlich machen — mit vollem Namen und Foto. Das verspricht

Rosi Roland

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