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Von Harfen und Menschen

■ Gespräch mit der Jazz-Harfenistin Deborah Henson-Conant / Sonntag Konzert

Deborah Henson-Conant ist sicherlich weltweit die einzige Jazz- Harfenistin. Sie tourt z.Zt. durch die Bundesrepublik und gastiert am Sonntag in Bremen. Die Bostonerin hat eine klassische Harfen- Ausbildung, sie hat in Orchestern mitgespielt, macht aber jetzt nur noch Jazz (Vertrag mit einem kommerziellen Label). Die taz sprach mit ihr über die Harfe, wie man sie spielt, wie man mit ihr tanzt, und über Frauen im Jazz.

taz: Ich denke bei Deborah Henson-Conant an einen Harfe spielenden Engel.

Deborah Henson Conant: Das ist dieses typisch westliche Bild, ich glaube die meisten Menschen hier haben so ein Bild. Aber das ist nur western culture. In besseren Häusern lernen die Mädchen Französisch und spielen Harfe.

Meinen Sie, es liegt am Instrument, am Charakter der Harfe?

Ich bin in South California aufgewachsen, und da habe ich als Kind den Mexikanern, also Straßenmusikern zugeschaut und die spielten auch Harfe. Das waren die ersten Harfenisten, die ich ge

Frau mit

Harfe

sehen habe. Es gibt eine große Tradition von Harfespielern in Paraguay. Ich habe einen Freund, der sagte mir, es gibt in Kolumbien oder in Bolivien Cowboys, die Harfe spielen. Und selbstverständlich in Afrika: Da sind sie näher an der Trommel.

Sie baut eine imaginäre Harfe vor sich auf.

Du weißt, wie eine Harfe gemacht ist? Es ist wirklich eine große Trommel mit Saiten. Ich spiele mit Thomas Himmel zusammen, er Schlagzeugsolo, ich klopfe mit einem Stick an die tiefsten Saiten der Harfe, dann es klingt ein bißchen wie Slap- Bass. Man kannst auch viele Klänge von Latin-Percussioninstrumenten erzeugen.

Das sind eher Sounds und Effekte. Es gibt aber im Jazz auch eine harmonisch-melodische Komponente.

Du weißt, es gibt Pedale? Eine Harfe ohne Pedale ist wie ein Klavier ohne schwarze Tasten. Es gibt sieben Pedale mit drei Positionen, flat, natural und sharp. Und mit diesen Pedalen kann man die Tonart sehr schnell wechseln. Das ist der Grund, warum ich immer mit einem Schlagzeuger gespielt habe, weil es Lärm macht, wenn man schnell wechselt.

Du bist eine hervorragende Entertainerin.

Ich, ja!... Ich mag es, auf der Bühne zu sein und nicht nur zu zeigen, daß ich schnell spielen kann. Und: die Harfe ist so physical, ich muß meinen ganzen Körper benutzen, um die Harfe zu spielen. Es gibt Elemente von mir auf der Bühne, einmal natürlich Musik, aber auch Tanz. Harfe spielen ist wie tanzen. Und dann habe ich immer Geschichten zu meinen Liedern im Kopf.

Woher nimmst du die Geschichten? Gehst du mit Konzept auf die Bühne, improvisierst du?

Deborah: Beides, ich versuche, die Balance zu finden. Auch beim Jazz ist es immer wichtig, eine Form zu haben, aber sich auch frei bewegen zu können.

In deinem Publikum sind verhältnismäßig viele Frauen.

Das ist normal. Ich möchte, wenn ich in ein Konzert gehe, lieber Frauen sehen. Frauen im Jazz, das ist ein Problem: Noch vor zehn Jahren dachten die meisten Frauen im Jazz, sie müßten aussehen und sich anziehen wie Männer. Für mich war es sehr wichtig, eine Frau im Jazz zu sein mich auch so zu fühlen.

Interview: Stefan Rahnfeld

10.5., 20 Uhr, KITO

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