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„Ein bißchen naiv und pubertär“

■ Gutachten der Jugendgerichtshilfe im Prozeß um Brandanschlag vom 3.10.91

Der Prozeß um den Brandanschlag auf das Flüchtlingsheim in der Schwachhauser Heerstraße 110 am „Tag der Deutschen Einheit“ 1991 geht zu Ende. Nachdem gestern alle als Zeugen geladenen weiteren Mitglieder der Schwachhauser „Penny-Crew“, aus der heraus der Anschlag geplant und ausgeführt worden war, unter Berufung auf die gegen sie laufenden Verfahren wegen „Nichtanzeige“ eine Aussage verweigerten, zeichnet sich für den kommenden Mittwoch der Urteilsspruch ab.

Im Mittelpunkt des dritten Verhandlungstages standen gestern die Berichte der „Jugendgerichtshilfe“. Da alle drei geständigen Brandstifter noch unter 21 Jahre alt sind, wurde ihnen bei ihrer Verhaftung Ende Oktober 1991 nach dem Jugendstrafrecht ein Sozialpädagoge zur Seite gestellt. In ausführlichen Gutachten äußerten sie sich gestern zur Persönlichkeit der Angeklagten.

Charakterisierungen wie „sehr sensibel“, „nicht gerade von Selbstbewußtsein strotzend“, „ein bißchen naiv“ und „pubertär“ waren in den Berichten der drei Sozialpädagogen über ihre Schützlinge immer wieder zu hören. Alle drei hätten „eine Normalbiographie“ hinter sich, zwei kommen aus „gutbürgerlichen“, einer aus Mittelschichtsverhältnissen. Allein dreien sei gemeinsam, daß ihre Eltern weit mehr von ihnen erwartet hätten, „als sie gebracht haben“. Zwei der drei Brandstifter mußten das Gymnasium wegen schlechter Leistungen abbrechen, der dritte war sitzengeblieben.

„Gregor war in seiner Firma als außerordentlich pünktlich und ordentlich bekannt“, berichtete sein Gerichtshelfer. In der Firma habe er direkt mit vier ausländischen Kollegen, darunter zwei Schwarzen zusammengearbeitet. Probleme habe es bis zu seiner Verhaftung — also auch in den drei Wochen nach dem Brandanschlag — nie gegeben. Relativ zufällig sei Gregor bei seinem Umzug nach Bremen in die „Penny- Crew“ geraten. „Es ist in dem Alter doch relativ zufällig, ob jemand zu den Skinheads oder den Pfadfindern geht“, meinte der Sozialpädagoge. Und die „ausländerfeindliche Stimmung“ in der Schwachhauser Clique entspreche doch einfach „dem Zeitgeist“.

Über die „Gewaltfrage“ hatte allerdings keiner der drei Gerichtshelfer mit seinem Schützling ernsthaft gesprochen. „Das habe ich bewußt ausgespart, um den Kontakt nicht zu verlieren“, berichtete einer von ihnen. Und ein anderer brachte sogar großes Verständnis für den Brandanschlag auf: „Seine Abenteuerlust konnte in Schwachhausen ja nicht gestillt werden“, sagte er über den Gymnasiasten, „und wenn die Polizei deutlicher gegen den Drogenhandel eingeschritten wäre, dann wäre es wohl gar nicht erst zur Tat gekommen.“

Während zumindest zwei der drei Angeklagten nach wie vor rechtsextreme und in einem Fall auch offen antisemitische Einstellungen zeigen würden, war bisher nur von einem der Brandstifter eine deutliche Entschuldigung für den Anschlag zu hören. „Oliver zeigt innere Reue und ein tiefes Schuldbewußtsein“, berichtete sein Gerichtshelfer. Als wesentliche Ursache sah er dafür eine lebensbedrohliche Krankheit, die den jungen Mann drei Monate nach dem Brandanschlag „am eigenen Leib die Gefahr für das Leben besser verstehen ließ“.

Da der rechtsextreme Hintergrund der Tat angesichts der Aussageverweigerung aller weiteren Zeugen kaum noch weiter aufzuklären sei, schlug der Vorsitzende Richter Müllershausen gestern bereits die Beendigung der Beweisaufnahme vor. Die Staatsanwaltschaft erwägt jedoch noch die Vernehmung des Kripo-Beamten, der im Oktober 1991 die gesamte „Penny-Crew“ verhört hatte. Ase

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