Demonstration gegen Mörder am Sielwall-Eck

■ Panik am Gifteck wegen Prostituiertenmorden

Panik in der Drogenszene. Nach dem zweiten Mord an einer Drogenprostituierten innerhalb von 24 Stunden liegen die Nerven in der Szene blank. Die nackte Angst geht um und die Gerüchteküche brodelt. Gestern mittag blockierte eine Gruppe von 25 Drogenabhängigen für zehn Minuten die Sielwalkreuzung. Sie wollten ihre Not und Angst demonstrieren: „Hier wird jeder gleich wegen einem kleinen Päckchen Dope abgefischt. Aber für uns tun die Bullen nichts“, empörte sich eine Demonstrantin.

Gestern vormittag hatte sich wie ein Lauffeuer die Geschichte in der Szene verbreitet, am Morgen sei die Leiche einer dritten ermordeten Prostituierten gefunden worden. Die Junkies vermißten eine 19jährige Türkin, die normalerweise in den Vormittagsstunden am Ziegenmarkt auftaucht, und so wurde die Geschichte perfekt. Spontan entschlossen sich einige der Abhängigen, die Sielwallkreuzung zu blockieren. Derweil dementierte die Polizei mit Nachdruckdie Nachricht eines dritten Mordes.

Es sei bemerkenswert, so ein Kenner der Szene, daß überhaupt eine gemeinsame Aktion zustande gekommen sei. „Normalerweise geht es hier doch jeder gegen jeden. Daß die das hingekriegt haben, zeigt, wie groß der Druck ist.“

Die Junkies fühlen sich von der Polizei im Stich gelassen. Als mehrere Beamte nach etwa zehn Minute die Kreuzung räumten, kam es zu lautstarken Auseinandersetzungen mit den Abhängigen. „Da könnt ihr stark sei, wenn ihr uns abräumt“, höhnte eine Frau. „Ihr schützt mich doch nicht“ und wie zum Beweis zog sie ein Klappmesser und eine Schere aus der Jackentasche. „Ohne das geh ich nicht mehr raus.“

Nach den beiden Morden steht die Polizei unter Druck. Die Polizisten auf der Kreuzung reagierten sichtlich gereizt. Sie ließen sich auf keine Diskussion ein: „Entweder ihr zieht hier Leine, oder hier gehen alle ab und gut.“ J.G.