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KSZE beschließt Teilausschluß Belgrads

■ Keine Teilnahme an Entscheidungen zum Krieg in Bosnien-Herzegowina/ Auch Rußland stimmte zu

Helsinki (dpa) — Nach fast einwöchigem Tauziehen haben am Dienstag alle Mitgliedstaaten der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) in Helsinki einem Teilausschluß des neuen Rest- Jugoslawien zugestimmt. Von den 52 Mitgliedsländern gab lediglich die Vertretung Belgrads ihren Widerspruch gegen die Entscheidung zu Protokoll. Das nur noch aus Serbien und Montenegro bestehende Rest-Jugoslawien darf bis zum 30.Juni nicht mehr an Abstimmungen in Zusammenhang mit Bosnien- Herzegowina teilnehmen.

Möglich wurde die Entscheidung, nachdem die russische Delegation ihren bisherigen Widerstand gegen den Teilausschluß aufgegeben hatte. Aus westlichen Delegationskreisen wurde in ersten Kommentaren erklärt, daß wahrscheinlich die ebenfalls am Montag abend von den EG- Staaten bekanntgegebene Rückberufung aller zwölf Botschafter aus Belgrad Einfluß auf die Moskauer Kursänderung gehabt habe. Noch am heutigen Mittwoch will die EG die Möglichkeit von Wirtschaftssanktionen gegen Belgrad untersuchen. In einer ersten offiziellen Reaktion auf die Rückberufung der EG-Botschafter warf die von Serbien dominierte Regierung Rest-Jugoslawiens Brüssel Parteinahme und Einseitigkeit im Jugoslawienkonflikt vor. „Die in letzter Zeit an den Tag gelegte Einseitigkeit hat sich, wie auch jetzt, als unproduktiv erwiesen“, heißt es in einer am Dienstag in Belgrad veröffentlichten Erklärung.

Noch am Samstag hatte Rußland sich einem Antrag auf Teilausschluß Belgrads aus der KSZE widersetzt. Der russische Delegierte hatte in seiner Begründung erklärt, daß der Ausschluß Jugoslawiens kein positiver Schritt zur Beendigung des Krieges sei. Da für KSZE-Beschlüsse die Formel „Einstimmigkeit minus des betroffenen Landes“ gilt, hatten mehrere Delegationschefs die Moskauer Regierung am Wochenende aufgefordert, den bisherigen Standpunkt zu überdenken, um so eine Gefährdung der gesamten vierten KSZE-Folgekonferenz zu verhindern. Als Hintergrund für den Widerstand der Moskauer Regierung gegen den Teilausschluß Jugoslawiens sehen Beobachter vor allem mögliche ähnliche Nationalitätenkonflikte in Moskau selbst. Der Ausschuß hoher Beamter der KSZE war am Montag erneut zu Beratungen über den Ausschluß Jugoslawiens zusammengetreten.

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