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Sparauflagen in der Hochschulmedizin

■ Den Uni-Kliniken und dem Fachbereich Grundlagenmedizin werden in diesem Jahr über 26 Millionen Mark gesperrt/ Betroffene halten die Auflagen für nicht durchführbar/ Studentenproteste erwartet

Dahlem. Die Hochschulmedizin der Freien Universität muß in diesem Jahr sparen. In einem gesonderten Parlamentsbeschluß über den FU- Haushalt verhängte der Senat und das Abgeordnetenhaus von Berlin im Dezember vergangenen Jahres für die Hochschulmedizin (ohne Veterinär- und Zahnmedizin) 25 Millionen Mark Sparauflagen. Hinzu kommt eine Sperre von 1,83 Millionen Mark gemäß Paragraph 8 des Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans von Berlin. Um das Problem zu lösen, müssen die Kosten beim Personal und bei den Sachaufwendungen gesenkt und die Erträge erhöht werden. Das Universitätsklinikum Rudolf Virchow (UKRV) ist mit einer Sparauflage von rund 12,4 Millionen Mark, das Universitätsklinikum Steglitz (UKS) mit 10,7 Millionen Mark und der Fachbereich Grundlagenmedizin mit rund 2,8 Millionen Mark betroffen. Außerdem soll die Grundlagenmedizin im Sommersemester sechseinhalb und ab Wintersemester 1992/93 nochmals zehn Stellen für Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter streichen. Die Klinika beschlossen bereits eine Stellenbesetzungssperre von drei Monaten (UKS) beziehungsweise sechs Monaten (UKRV). Dies gilt allerdings nicht für das Pflegepersonal.

Bei einer Anhörung im Akademischen Senat der FU sahen die Betroffenen der Klinika und des Fachbereichs Grundlagenmedizin die Gefahr, daß alle theoretischen Institute geschlossen werden müßten, falls sie gezwungen seien, die genannten Beträge einzusparen.

Die Auflagen seien kaum umzusetzen, kritisierte der Generalbeauftragte des UKRV, Bernhard Motzkus. »Innerhalb der vergangenen zwei Jahre haben wir bereits 39 Millionen Mark eingespart«, so Motzkus. Dies sei schon die Grenze der Selbstbeschränkung. »Wenn der Senat beschlosssen hat, daß es in Berlin zukünftig drei Klinika geben soll, muß er sie auch bezahlen«, forderte er. In Fachkreisen sage man, so Motzkus, daß eine wesentliche Kosteneinsparung nur dann durchzuführen sei, wenn ein ganzes Klinikum verschwände. »Die hohe Summe ist innerhalb eines Jahres nicht einzusparen. Wir sind mit unserer Wirtschaftlichkeitsreserve bereits an der Grenze angelangt«, erklärte auch der Verwaltungsdirektor des UKS, Helmut Schüttig. Außerdem könne sich die Sperre negativ auf die Lehre auswirken, beispielsweise bei der Zahl der Dozenten oder bei der Größe der Gruppen.

»Ich habe mich von Anfang an gegen die Auflagen ausgesprochen«, sagte Sven Remstedt, studentischer Vertreter und Mitglied im Kuratorium der FU. »Jedoch ohne Erfolg.« Jetzt seien sie beschlossene Sache. Offene Studentenproteste gebe es zur Zeit noch nicht. Es grummele aber schon in den Fachbereichen. Susanne Landwehr

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