: Währungswirrwarr auf dem Balkan
■ Jeder der jugoslawischen Nachfolgestaaten gibt eine eigene Währung heraus
Belgrad (dpa/vwd) — Die meisten Nachfolgeländer des auseinandergebrochenen Vielvölkerstaats Jugoslawien haben schnell eine eigene Währung eingeführt. Damit wollten sie vor allem ihre Staaten international aufwerten, obwohl nicht ein ehemaliger jugoslawischer Landesteil die dazu nötigen Devisenreserven besaß. So wurden zum Beispiel in Slowenien und Mazedonien keine Banknoten, sondern nur Bons als Banknoten eingeführt. Das richtige Geld soll erst kommen, wenn zu seiner Deckung genügend Devisen oder Gold zur Verfügung stehen.
So gibt es heute in Slowenien Tolar-Bons und in Mazedonien Denar-Gutscheine als Zahlungsmittel. In Kroatien entschied man sich für den Kroatischen Dinar. Das von Serbien gebildete Rest-Jugoslawien hat den alten Dinar behalten. Um sich jedoch vor den in Slowenien, Kroatien und Mazedonien wertlos gewordenen Jugo-Dinaren zu schützen, wurden die alten Noten neu eingefärbt. Die neuen und alten Währungen wurden recht willkürlich zu den ausländischen Geldmitteln und zu dem neuen Geld in dem ehemaligen jugoslawischen Wirtschaftsraum in ein Kursverhältnis gesetzt. Die „Kommunikation“ all dieser Währungen auf engstem Raum dürfte jede FinanzexpertIn um den Schlaf bringen. Der jugoslawische Dinar wird parallel in drei formal unabhängigen Staaten genutzt: In Rest-Jugoslawien, Bosnien-Herzegowina und in den serbischen Siedlungsgebieten in Kroatien. Dort sollte eigentlich die kroatische Währung gelten, was die Serben aber nicht zulassen. Im Gegenzug kann man in der von Kroaten besiedelten Herzegowina auch mit dem Kroatischen Dinar bezahlen. Der jugoslawische Dinar ist hier fast wertlos.
Die Bevölkerung zieht die Schlußfolgerungen aus diesem „Spielgeld“ durch die Flucht in Dollar, Schilling oder D-Mark. Kein größeres Geschäft — sei es der Kauf eines Autos, einer Waschmaschine, einer Wohnung oder eines Hauses — wird in heimischer Währung abgewickelt. Weil die Umtauschverhältnisse in diesem Geldwirrwarr sowieso ohne Aussagekraft sind, werden die „echten“ Werte einer Sache oder Dienstleistung sowieso gleich in Valuta angegeben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen