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Konsul heult mit grauenWölfen

■ Streit um türkisch-nationale „Freundschafts-Demonstration“ / SPD distanziert sich

Mit 1.500 bis 3.000 TeilnehmerInnen rechnen die Veranstalter der vom türkischen Honorarkonsulat organisierten Demonstration „Hand in Hand für die türkisch-deutsche Freundschaft“, die heute vormittag durch das Bremer Steintor zum Marktplatz ziehen wird. Ihr wird sich ab 10 Uhr eine Gegendemonstration in den Weg stellen, zu der ein anonymes Bündnis einiger linksradikaler türkischer und deutscher Organisationen aufgerufen hat. „Wenn dann nicht genug Polizei dazwischen steht, gibt es bestimmt eine Schlägerei.“ Erwartungen wie diese waren gestern immer wieder in der türkischen Steintor-Szene zu hören (vgl. nebenstehenden Kasten). Je nach politischer Einstellung wurde dabei mit einer Konfrontation „türkische Faschisten gegen Demokraten“ oder „terroristische Kurden gegen demokratische Türken“ gerechnet.

Für die erste Version wird geltend gemacht, daß zu den Unterzeichnern des Demonstrationsaufrufs „Bremen Türk Ocagi“, die lokale Organisation der für ihren gewalttätigen großtürkischen Nationalismus bekannten „Grauen Wölfe“ gehört. Alle politischen Organisationen der rund 8.000 Bremer KurdInnen haben zwar ausdrücklich darauf verzichtet, zu der Gegendemonstration aufzurufen, um eine Konfrontation zu vermeiden. Angesichts der kurdenfeindlichen Tendenz im türkischsprachigen Demonstrationsaufruf, könnte es aber dennoch — Version zwei — dazu kommen.

So ist in dem Aufruf zum Beispiel von einer „künstlichen

Wenn der Kampf um Kurdistan im Bremer Steintor tobt...Foto: Archiv

Trennung zwischen Türken und Kurden“ die Rede, die „nicht von Seiten des anatolischen Volkes gemacht“ werde, sondern „von dunklen Kräften, die die Entwicklung der Türkei durch Blutvergießen verhindern wollen“. Dazu gehöre auch die „Anti-Türkeihaltung der Bremer Landesregierung“.

Volker Kröning, der sich als ehemaliger Innensenator und Erfinder des Bremer „Kurdenerlasses“ von dieser Kritik besonders angesprochen fühlen muß, gehört pikanterweise dem Vorstand der „Deutsch-Türkischen Gesellschaft“ an, die ebenfalls zu den Unterzeichnern des Demonstrationsaufrufs gehört. „Ich wußte davon nichts, ich halte davon nichts, und ich distanziere mich davon“, erklärte Kröning gestern auf An

hier bitte das Foto

mit der Straßenkreuzung

und Flugblatt

frage. An ein Niederlegen seines Amtes im „Freundschaftsverein“ denkt er jedoch noch nicht: „Man tritt nicht wegen jedes Unsinns gleich zurück.“

Eine deutliche Distanzierung kam gestern auch vom Landesvorstand der SPD: Die im Aufruf als Veranstalter der Demonstration aufgeführte Gruppe „Türkische Sozialdemokraten in der SPD“ stehe „in keiner organisatorischen Verbindung mit der SPD“. Hans Koschnick: „Das ist eine Abspaltung der großtürkischen Ecevit-Anhänger.“

Die Grünen halten sogar die Durchführung einer Gegendemonstration für „verständlich“, wie der ausländerpolitische Sprecher ihrer Fraktion, Walter Ruffler, gestern sagte. Eine eigene grüne Erklärung zu den beiden Demonstrationen gebe es jedoch nicht: „Wir rufen in diesem Zusammenhang zu gar nichts auf“, sagte Ruffler.

„Ein ganz breites Spektrum“ steht nach Meinung des türkischen Honorarkonsuls Karl H. Grabbe hinter dem Demonstrationsaufruf. So habe er die Unterstützung von Betriebsräten der Bremer Großbetriebe Klöckner, Mercedes und Vulkan. „Wenn

eine Demo ist, dann gehe ich da erstmal hin“, bestätigte zum Beispiel Klöckner-Betriebsrat Hanza Komaz gestern, „wir wollen unseren sauberen türkischen Namen nicht durch Drogendealer und Terroristen in den Dreck ziehen lassen.“

Daß zu den „Veranstaltern“ seiner Demonstration auch die „Grauen Wölfe“ gehören, stört Honorarkonsul Grabbe nicht: „Die sind — so wie bei uns die DVU — demokratisch gewählt und im türkischen Parlament vertreten.“ Und den scharfen Prostest des Dachverbandes der Ausländerkulturvereine (DAB) gegen die „dümmlich-nationalistischen Parolen“ des Demonstrationsaufrufs erklärt Grabbe so: „Der DAB besteht doch nur aus Berufsausländern und vertritt verschiedene Tarnorganisationen der terroristischen kurdischen PKK.“ Überhaupt gebe es die Ausländerfeindlichkeit in Deutschland vor allem deshalb, „weil sich Leute beruflich mit ihrer Bekämpfung beschäftigen.“ Dirk Asendorpf

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