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Planmäßige Verhütung für Berliner Frauen

Berlin. Heute wird der neue Gesetzentwurf zur Regelung des Schwangerschaftsabbruches in erster Lesung und ohne Debatte im Bundestag behandelt, um dann in den zuständigen Ausschuß verwiesen zu werden. Schon morgen wird der Sonderausschuß zum Paragraphen 218 in einer ganztägigen Sitzung im Reichstag den neuen Gesetzentwurf diskutieren. Nach noch gültigem DDR- Recht ist der Schwangerschaftsabbruch in den neuen Bundesländern bisher straffrei für die Frau. Der jetzige Kompromiß zu einer Fristenregelung sieht allerdings sowohl die Strafbarkeit als auch die Zwangsberatung vor. Aus diesem Grund ruft der Unabhängige Frauenverband für den morgigen Tag zu einer Protestaktion gegen den »faulen Kompromiß« auf. Ab 8 Uhr morgens soll rund um die Bannmeile am Reichstag der Protest lautstark den ParlamentarierInnen zu Gehör gebracht werden.

Bewegte Zeiten also, in denen in der vergangenen Woche die Beratungsstelle »Balance« in Ost-Berlin ihre Türen öffnete. Bewegte Zeiten, in denen in den nächsten Tagen dem Senat ein Antrag präsentiert wird, in dem für die Hauptstadt endlich ein Familienplanungszentrum anvisiert wird. Als eine von nur zwei nichtkonfessionellen Schwangerschaftsberatungsstellen im Osten der Stadt bietet »Balance« — nach dem Vorbild von »Pro Familia« — Beratung für Frauen und Männer zu Sexualität, Beziehungsproblemen, Verhütung, Schwangerschaft und Abtreibung. Die Arbeit wird — wie könnte es anders sein — nur von ABM-Kräften geleistet.

Das Konzept für ein Berliner Familienplanungszentrum wurde von VertreterInnen des Ostberliner Vereins »Frau und Familie«, der Berliner Ärztekammer und von Pro Familia (West-Berlin) erarbeitet. Nach dem Vorbild Hamburgs oder Bremens soll in Berlin ein Zentrum entstehen, in dem Frauen sich beraten lassen, in dem sie aber auch einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen können.

Auch in der Ostberliner Beratungsstelle »Balance« wurde natürlich der neue Gesetzentwurf zur Fristenlösung diskutiert. Ute Fritsche, Vorstandsmitglied des Trägervereins »Frau und Familie«, vermißt bei der Frage des §218 vor allem die Auseinandersetzung mit Verhütungsmethoden. Ihre Kollegin Ulrike Busch meint hingegen: »Wieder einmal wird uns Ost-Frauen im Zuge des Vereinigungsprozesses etwas geschenkt, und zwar die Zwangsberatung und die Strafbarkeit.« Als Repräsentant der Berliner Ärztekammer machte Ulrich Pape-Grupe hingegen aus seiner Ablehnung des Kompromißvorschlags keinen Hehl. Die Berliner Ärztekammer spricht sich explizit gegen eine gesetzlich installierte Beratungspflicht aus. Mitten im alten Stasi-Komplex zwischen Normannenstraße und Frankfurter Allee findet frau die Beratungsstelle »Balance« in der Ruschestraße 59 in Friedrichshain. flo

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