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Deutschland als Buhmann der OECD

■ Wirtschaftsminister der Industrieländer kritisieren die hohen deutschen Zinsen als Wachstumsbremse

Paris (ap/taz) — Mit Kritik an der deutschen Finanz- und der japanischen Wirtschaftspolitik haben in Paris am Montag nachmittag zweitägige Beratungen des Ministerrates der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) begonnen. Führende PolitikerInnen der USA, Frankreichs und Australiens machten Deutschland und Japan mitverantwortlich für die derzeit herrschende Konjunkturflaute und forderten sie auf, ihre Wirtschaft anzukurbeln. An die Deutschen erging der Appell, die Zinsen zu senken.

Der französische Finanzminister Michel Sapin forderte eine koordinierte Zinssenkung. Ein solcher Schritt habe absolute Priorität, sagte Sapin. Unter Anspielung auf Deutschland fügte er hinzu, in gewissen europäischen Ländern, die, um der Inflation zu begegnen, eine restriktive Geldpolitik verfolgten und dabei ein hohes Haushaltsdefizit in Kauf nähmen, gebe es eine dringende Notwendigkeit zu Korrekturen. Japan forderte Sapin auf, die Staatsausgaben zu erhöhen, um die Inlandsnachfrage anzukurbeln.

Der japanische Minister für internationalen Handel und Industrie, Kozo Watanabe, entgegnete zu den Vorwürfen, es gebe für ein einzelnes Land Grenzen, was es zur Belebung der Weltwirtschaft tun könne. Unter Anspielung auf die Wirtschaftslage der Bundesrepublik sagte US-Handelsministerin Barbara Franklin, Staaten mit hoher Verschuldung und Inflationssorgen könnten von einer ausgeglicheneren Wirtschaftspolitik nur profitieren.

Bundeswirtschaftsminister Jürgen Möllemann (FDP) ging gestern nicht auf diese Kritik ein. Er verkündete, daß die Pläne der Bundesregierung für eine Begrenzung der Ausgabensteigerung beim Haushalt von den westlichen Industriestaaten begrüßt worden seien. Der Minister sprach sich vor den 24 OECD-KollegInnen für die internationale Verzahnung der Umweltpolitik mit der Handels- und Wachstumspolitik aus.

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