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Zweijähriger Streik zu Ende

■ Zwei Jahre nach erfolglosem Streik bekommen ErzieherInnen Tarifvertrag

Berlin. Vor mehr als zwei Jahren streikten mehrere tausend ErzieherInnen zehn Wochen lang, ohne daß der Senat irgendeiner ihrer Forderungen nachgegeben hätte. Der Streik wurde damals ausgesetzt. Jetzt konnte sich die ÖTV mit dem Senat auf einen Tarifvertrag einigen, der ab Juni gilt. Kurt Lange, ÖTV-Vorsitzender, zum Ergebnis des Arbeitskampfes.

taz: Was wird für die 19.000 Berliner Kita-Angestellten besser?

Kurt Lange: Die Erzieher und Erzieherinnen haben jetzt Anspruch auf zwei Stunden Vor- und Nachbereitungszeit pro Woche und haben jetzt auch über den gesetzlichen Rahmen hinaus die Möglichkeit der Fort- und Weiterbildung. Erstmals können sich Beschäftigte ab dem 50sten Lebensjahr umschulen lassen und müssen dann im öffentlichen Dienst bevorzugt eingestellt werden.

Hatte Ihnen dies nicht der rot/ grüne Senat schon im Frühjahr 1990 angeboten?

Das hat er uns nie angeboten. Nach der ersten Verhandlungsrunde und der erkennbaren Bereitschaft zu einem Tarifkompromiß war uns zu verstehen gegeben worden, daß der damalige Regierende Bürgermeister Walter Momper (SPD) keinen Tarifvertrag will.

Auf welche Forderungen müssen Sie auch diesmal verzichten?

Wir wollten eine Regelung zum Personalschlüssel und zur Gruppengröße haben. Der jetzige Tarifvertrag hat nur noch eine indirekte Wirkung darauf. Diese indirekte Wirkung müssen wir in zukünftigen Tarifverhandlungen immer wieder zur Ausgangslage machen.

Der Berliner ÖTV ist es als erster Gewerkschaft gelungen, in der Bundesrepublik einen Tarifvertrag für Erzieherinnen und Erzieher durchzusetzen. Dieser Erfolg darf sicher nicht unterschätzt werden. Dennoch hatten Sie vor zwei Jahren nicht ohne Grund die vertragliche Festlegung des Personalschlüssels und der Gruppengrößen gefordert. Denn vor allem von diesen beiden Größen hängt die Qualität der Betreuung in den Kitas ab. Ist das Ihre größte Schlappe, daß Sie diese Forderungen auch mit zehn Wochen Streik nicht durchsetzen konnten?

Das ist eine Schlappe für jene Politiker, die sich eine bessere Kita-Versorgung auf ihre Fahnen geschrieben hatten. Für uns wäre das eine Schlappe gewesen, wenn wir vorzeitig und überstürzt aufgegeben hätten.

Nun ist merkwürdig, daß es keine Urabstimmung geben wird, die den ja nur ausgesetzten Streik eigentlich beenden müßte...

Das müssen wir mit den Betroffenen klären. Das Problem bei einer Urabstimmung ist, daß die Erzieherinnen und Erzieher im Westen über einen Tarifvertrag abstimmen würden, der auch im Ostteil der Stadt gilt.

Wie erfolgreich Streiks sein können, konnten wir vor zwei Wochen sehen, als die ÖTV mit verhältnismäßig wenig Leuten die Flughäfen Tempelhof und Tegel lahmlegte und damit den Geschäfts- und Reiseverkehr empfindlich traf. Ist das Bestreiken von Kindertagesstätten heutzutage noch ein adäquates Arbeitskampfmittel — wenn Politiker auch nach zehn Wochen Streik über Ihre Forderungen einfach hinweggucken können?

Das hängt auch von den politischen Mehrheiten ab. Mit dem jetzigen Senat konnten wir über die drei strittigen Punkte eine Übereinkunft treffen. Die Möglichkeit des Arbeitskampfes muß für die Arbeitnehmer immer offenbleiben. Wer Streik in Frage stellt, stellt die Handlungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer in Frage. Allerdings haben wir die Erfahrung gemacht, daß solche Streiks nur eine begrenzte Wirkung auf die verantwortlichen Politiker haben können. Interview: Dirk Wildt

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