: ÖTV-Vorstand beendet den Streik
■ Vorstand setzt sich über das Votum der Basis hinweg/ ÖTV-Chefin Wulf-Mathies: Wir haben Fehler gemacht/ Warnstreiks in der westdeutschen Bekleidungsindustrie/ Verhandlungen bei Redakteuren
Esslingen (dpa/taz) — Der bisher nur vorläufig ausgesetzte Streik im öffentlichen Dienst Westdeutschlands ist jetzt offiziell beendet. Der siebenköpfige geschäftsführende Hauptvorstand der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) nahm am Montag in Esslingen bei Stuttgart den bereits am 7. Mai vereinbarten Tarifabschluß von 5,4 Prozent plus sozialer Komponente an. Er beendete damit auch endgültig den bisher nur unterbrochenen Streik.
Der geschäftsführende Hauptvorstand machte damit von seinem satzungsgemäßen Recht Gebrauch, sich nötigenfalls auch über das Votum der Basis hinwegsetzen zu können. In einer zweiten Urabstimmung hatten die Mitglieder der ÖTV den Tarifabschluß abgelehnt. Die ÖTV- Chefin erklärte, sie übernehme mit dem geschäftsführenden Hauptvorstand die politische Verantwortung. Sie fügte hinzu: „Wir haben Fehler gemacht.“
Die Mitgliedschaft der ÖTV hatte in einer zweiten Urabstimmung dem ÖTV-Vorstand eine schwere Schlappe beschert. Nur 44,1 Prozent der an der Abstimmung Beteiligten hatten für die Annahme gestimmt. Die Große Tarifkommission und der Vorstand hatten für die Annahme plädiert. In seinem Volumen bringe der Abschluß (5,4 Prozent linear, Einmalzahlung von 750 Mark und 200 Mark mehr Urlaubsgeld) nach Berechnungen des Vorstandes den unteren Einkommensgruppen weit über sechs Prozent mehr Einkommen pro Monat.
In der hessischen und rheinland- pfälzischen Bekleidungsindustrie sind am Montag vormittag nach Gewerkschaftsangaben etwa 1.900 Beschäftigte in Warnstreiks getreten. Mit dem Ausstand sollten die Tarifverhandlungen für die bundesweit rund 165.000 Beschäftigten, die am Dienstag in Bad Nauheim in dritter Runde fortgesetzt werden, „in Schwung gebracht werden“, teilte die Gewerkschaft Textil-Bekleidung (GTB) in Frankfurt mit.
Auch für diesen Tarifbereich stehe der Gewerkschaftsforderung von 9,5 Prozent bislang noch kein Angebot der Arbeitgeber gegenüber. Sollten die Verhandlungen in Bad Nauheim scheitern, habe der Hauptvorstand der Gewerkschaft grünes Licht für Streik-Urabstimmungen gegeben.
Mit mehrstündiger Verzögerung sind die Tarifverhandlungen für die rund 14.000 Redakteure an westdeutschen Tageszeitungen am Montag in Frankfurt am Main in die zweite Runde gegangen. Die Gewerkschaften fordern 10,5 Prozent Einkommenserhöhungen.
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