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Spott und Hohn für Bushs Tarnmanöver

■ Kritiker bezeichnen Bushs neuestes Geldangebot zur Bewahrung der Wälder als „Gipfel der Heuchelei“

Rio de Janeiro (ips/ap) — Mit Skepsis und mit Spott reagierten Vertreter der dritten Welt gestern in Rio de Janeiro auf die Ankündigung von US- Präsident George Bush, die US-Hilfe für Wiederaufforstungsprojekte auf der südlichen Halbkugel um jährlich 150 Millionen US-Dollar aufzustocken. Die angekündigte Erhöhung — bisher betrug die US-Hilfe zum Schutz der Wälder 120 Millionen US-Dollar — ist Teil eines Vorschlags der USA zu einer globalen Verdoppelung der Hilfsmittel von 1,35 auf 2,7 Milliarden US-Dollar, über die in Rio entschieden werden soll.

„Mr. Bush sollte mit den Millionen lieber den Armen in Los Angeles helfen, den Wald kann er damit nicht retten“, meinte ein Delegierter in Anspielung auf die jüngsten Rassenunruhen in den USA. „Das Geld kann die pazifischen Inseln nicht vor dem Untergang bewahren“, meint Kazuo Helgenberger, der Delegierte der Marshallinseln. Bush „soll das Geld behalten und damit Maßnahmen zur Reduzierung der CO2-Emissionen zu Hause finanzieren“. Als „Hinhaltetaktik“ bezeichnete ein Vertreter Malaysias die Ankündigung von US-Präsident Bush. „Bei den Mitteln, von denen wir sprechen, geht es um Milliarden.“

Bushs „generöses Angebot“ vom Montag ist auch von Verbänden und Politikern in den USA scharf kritisiert worden. Senator Albert Gore nannte das 150-Millionen-Dollar- Angebot zwar willkommen, die Geste sei aber nur ein Manöver, um die rückständige Umweltpolitik zu verschleiern. Kritiker ernannten Bush wegen seiner Äußerungen in Anlehnung an seinen Anspruch, auch der Umweltpräsident der USA zu sein, zum „Präsidenten der Scheinheiligkeit“. Der Geschäftsführer der mit Umweltfragen befaßten Organisation Sierra Club, Michael Fischer, sprach von einem „Gipfel der Heuchelei“ und einem „Tropfen auf den heißen Stein“. Bush habe seine Versprechen bisher auf jedem umweltpolitischen Gebiet gebrochen. Die jahrhundertealten Urwälder im US- Staat Oregon lasse Bush mit Kettensägen vernichten, „und nun versteckt er sich hinter einem Feigenblatt-Vorschlag und läßt in Rio heiße Luft ab“, sagte Fischer.

„George Bush ist ein Feind der Konferenz“

Bush hatte am Montag in einer Ansprache während eines Besuchs im Goddard-Raumflugzentrum bei Washington erklärt: „Wenn wir nach Rio gehen, dann werden die USA stolz als Führungsmacht der Welt dort hingehen, nicht nur in Sachen Umweltforschung, sondern auch in bezug auf den Umweltschutz.“ Er forderte die anderen industrialisierten Länder auf, ihre Ausgaben für die Erhaltung des tropischen Regenwaldes zu verdoppeln.

Der Versuch des Präsidenten, der dritten Welt im Kampf gegen die Zerstörung der Wälder zu helfen, sei etwa so, „als ob Jugoslawien eine Friedenstruppe in den Nahen Osten schickt“, erklärte Nathaniel Lawrence vom Rat zur Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen. Regierungsbeamte erklärten, sie wüßten nicht, woher die 150 Millionen Dollar genommen werden sollten.

Auch in Rio wird die Kritik an den USA immer lauter. Das Magazin 'Veja‘ schrieb: „Präsident Bush kommt als Feind der Konferenz nach Rio.“ Und der Greenpeace-Koordinator für den Umweltgipfel, Josh Karliner, erklärte: „Die Regierung Bush hat den Umweltgipfel rücksichtslos untergraben. Es wäre besser, wenn er nicht käme.“

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