: Berlin in die Bundesliga der Banken
■ 1993 soll eine Banken-Holding zur Deckung erhöhten Kapitalbedarfes gegründet werden/ Land haftet für Verluste
Berlin. Berlin soll nach dem Willen von Wirtschaftssenator Norbert Meisner endlich »in der Bundesliga der Banken mitspielen«. Um die dafür erforderliche Schlagkraft zu erhalten, sollen die vier landeseigenen Kreditinstitute zu einem Konzern verschmolzen werden. Damit will sich das Land für den »unglaublichen Kreditbedarf« wappnen, der beim Aufbau Ostdeutschlands zu erwarten ist. Denn der Wirtschaftssenator will »nicht alles an uns vorbei nach Frankfurt laufen lassen«.
Unter dem Dach einer »Berliner Banken Holding« Aktiengesellschaft sollen zukünftig die Berliner Bank AG, an der das Land 51 Prozent der Anteile hält, sowie die Berliner Pfandbriefbank, die Landesbank Berlin und die Wohnungsbaukreditanstalt (WBK), die vollständig im Landesbesitz sind, zusammengefaßt werden. Mit einer Bilanzsumme von 130 Milliarden Mark und Eigenmitteln von knapp 5 Milliarden Mark wird die Vierercombo zu den größten Banken Deutschlands zählen.
Die Idee zu ihrer Gründung ist bereits vier Jahre alt, doch erst im September 1990 wurde mit der Bildung der Landesbank Berlin ein erster Schritt zur Fusion unternommen. In ihr gingen die damaligen Sparkassen Ost- und West-Berlins auf. Letztere hatte erhebliches Kapital angehäuft, durfte jedoch aufgrund des Sparkassengesetzes nicht überregional tätig werden, ohne den eingeführten Namen »Sparkasse« zu verlieren. Die Solidität, die sich mit diesem Namen verbindet, resultiert vor allem aus dem öffentlich-rechtlichen Status dieses Kreditinstitutes.
Haftung für Verluste
Dieser birgt zudem den Vorteil, daß die Gewinne nur gering versteuert werden müssen. Um diese Effekte auch weiterhin nutzen zu können, wird die Landesbank Berlin als hundertprozentige Tochtergesellschaft der Holding-AG diesen Status behalten. Um das zu ermöglichen, wird das Land Berlin für auftretende Verluste der Tochtergesellschaft eine Haftung übernehmen. Diese wird zugleich einer Staatsaufsicht unterstellt. Als Abteilung der Landesbank soll zukünftig auch die WBK die Vorteile dieser öffentlich/privaten Mischkonstruktion nutzen. Die gleichfalls öffentlich-rechtliche Pfandbriefbank wird in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.
Die Reserven, die über den Eintritt der öffentlich-rechtlichen Institute in die Holding aktiviert werden, können genutzt werden, um den Kapitalbedarf der Berliner Bank zu stillen. Diese veranschlagt ihren Eigenkapitalbedarf für die nächsten vier Jahre auf 1 Milliarde Mark. Diese Summe resultiert zum einen aus ihrem expandierenden Geschäftsvolumen, zum anderen aus den Auflagen der EG. Nach deren verschärfter Norm wird das Kreditvolumen generell auf das Zwölffache statt, wie bisher, auf das Achtzehnfache des Eigenkapitals begrenzt. Zur Deckung dieses Kapitalbedarfs hätte das Land Berlin als Mehrheitsaktionär bereits in diesem Jahr 200 Millionen Mark in die Berliner Bank einbringen müssen. Dieser Obulus bleibt dem Senat durch die Bildung der Holding erspart. Im Gegenteil, Meisner kann wegen der diversen Synergieeffekte nun Ausschüttungen erwarten, »die höher liegen als das, was wir bislang erhielten«. Ein Grund, weshalb Meisner den Anteil des Landes an der Holding bei mehr als 75 Prozent belassen will. Überlegungen, mehr zu veräußern, um mit dem Erlös das Loch im Landeshaushalt zu stopfen, erteilte er gestern eine Absage. Dieter Rulff
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