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Klimapolitik auf Samtpfötchen

Die europäischen Staaten wollen in Rio zwar nicht ganz darauf verzichten, in der Klimapolitik Zeichen zu setzen, fahren Präsident Bush gegenüber aber trotzdem einen Besänftigungskurs  ■ Von Hermann-Josef Tenhagen

Rio de Janeiro (taz) — Die österreichische Zusatzerklärung zur Klimakonvention (taz 5.6. 92) fällt auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio offenbar einer neuen Art von Entspannungspolitik zum Opfer. Die großen westeuropäischen Staaten wollen den bösen Bruder George Bush in Washington nicht noch weiter in die Öko-Paria-Ecke treiben und verzichten daher auf den Versuch, die USA in der Klimapolitik international zu isolieren. Nach Angaben von Bundesumweltminister Klaus Töpfer haben auch die Australier und die Japaner inzwischen Distanz zu der österreichischen Erklärung signalisiert. „Kaum noch jemand verfolgt den Entwurf, den Österreich vorsieht.“

Dabei hatte die Wiener Idee einer sogenannten Like-minded-countries-Erklärung zunächst durchaus Anklang gefunden. Die Alpenländer wollen in der Erklärung festschreiben, daß sich Unterzeichnerstaaten verpflichten, die Emissionen an Kohlendioxid und anderen Treibhausgasen außer FCKWs bis zum Jahr 2000 auf dem Niveau von 1990 zu stabilisieren.

Die Völker hörten Töpfers Signale

Schweizer und Holländer zeigten sich interessiert. Von jenseits der Alpen aus Italien kamen positive Signale. Und auch Bundesumweltminister Töpfer hatte vor einigen Wochen in der taz an der Idee einer sogenannten Like-minded-countries-Erklärung gesponnen.

Ziel der Erklärung wäre es, in Rio allen Staaten, die das wollen, die Möglichkeit zu weiterreichenden Verpflichtungen in der Klimapolitik zu eröffnen. Staaten, die das sowieso planten, hätten in Rio bekräftigen können, daß ihnen die auf Drängen der USA verwässerte Klimakonvention nicht reicht. Einige Südsee-Staaten zeigten sich spontan begeistert. Österreichs Umweltministerin Ruth Feldgrill-Zankel stellte die Idee dann in der vergangenen Woche in Rio auch offiziell der Presse vor.

Leise, leise...nur die USA nicht stören!

Inzwischen aber hat sich die politische Großwetterlage verändert. Den Europäern ist nicht recht geheuer bei der Vorstellung, daß sie die US-Delegation schon wieder auf der Weltbühne vorführen können. Frankreich, Großbritannien und die Bundesrepublik wollen die amerikanische Delegation nicht noch weiter als ohnehin in Rio geschehen isolieren. Sie scheuen deshalb jetzt eine Erklärung, der sich weltweit auch andere Staaten anschließen könnten.

Gleichzeitig bereitet die EG, die vor dem Gipfel ihre Energiesteuerpläne nicht eintüten konnte, zur Entlastung einen eigenen Vorschlag vor, der die EG-Position zur Stabilisierung des wichtigsten Treibhausgases CO2 bestätigt. Laurens Jan Brinkhorst, Generaldirektor Umwelt bei der EG-Kommission in Brüssel, läßt an Deutlichkeit nichts zu wünschen über. Die EG werde alles zu verhindern suchen, „das als eine Unterminierung der Klimakonvention gedeutet werden würde. Wir haben sie jetzt einmal, nun müssen wir damit arbeiten.“

Die EG wolle gemeinsam auf eine schnelle Ratifikation und parallel dazu eine fixe Umsetzung der Konvention drängen. Die EG-Kommission werde aber keine Shopping-List der ökologisch fortschrittlicheren und nicht so fortschrittlichen Länder zulassen. „Wir wollen die Führung gemeinsam behalten“, so Brinkhorst zur taz. Hintergrund dieser Warnung sind die Widerstände gegen eine wirksame Klimapolitik in Spanien, Portugal und Großbritannien. Alle drei Staaten hatten sich nicht zu einer CO2-Stabilisierung verpflichtet, sondern nur die EG-Weiterverpflichtung zur Stabilisierung des Treibhausgases mitgetragen. Die EG hoffte, die Stabilisierung über CO2-Einsparungen in der Bundesrepublik und den Niederlanden und Dänemark zu erreichen.

Doch Töpfer änderte seine Signale

Bundesumweltminister Töpfer fiel angesichts der Klimaänderung in Rio die undankbare Aufgabe zu, die österreichische Kollegin auflaufen zu lassen. Die präsentierte ihm am vergangenen Freitag einen zweiten auch der taz vorliegenden modifizierten Vorschlag mit der Bitte um Kommentar. Danach könnten entweder nur CO2 stabilisiert werden, wie die EG das vorsieht, oder alle Treibhausgase außer den schon geregelten FCKW, der ursprüngliche österreichische Vorschlag. Töpfer hatte sich schon festgelegt: „BM: EG-Erklärung vorzuziehen!“ lautete der knappe Vermerk unten auf der Seite.

Die Entscheidung für die EG-Initiative statt einer Erklärung einzelner souveräner Staaten ist also getroffen: „Wenn sie eine solche Erklärung offenmachen für Staaten, dann kommen sie auf vielleicht vier Staaten, wenn wir eine solche Verpflichtung für die EG fixieren, ist das doch viel weitergehender“, hofft Töpfer. Die EG hat seine Hoffnungen schon bei der Energiesteuer betrogen. Wenn nur der Vorstoß der EG nicht auch noch dem Klimawandel zum Opfer fällt.

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