: Unser globales Dorf
Das Satellitenzeitalter begann vor 30 Jahren ■ Von Jürgen Bischoff
Vor 30 Jahren begann die Geschichte des Satellitenfernsehens. Am 10. Juni 1962 schossen die USA den ersten zivilen Telekommunikationssatelliten „Telstar“ in den Weltraum — eine kleine schwarz-weiße Kugel im Durchmesser von 88 Zentimetern, gespickt mit 3.600 Solarzellen.
Drei Jahre später wurde der erste kommerzielle Kommunikationssatellit gestartet, Intelsat1, Spitzname „Early Bird“. Die Kapazität der ersten Kommunikationssatelliten war bescheiden. Gerade 240 Telefongespräche konnte Early Bird zwischen Europa und den USA übertragen. Heutzutage kann jeder einzelne der derzeit leistungsfähigsten Fernmeldesatelliten vom Typ Intelsat6 die Signale von 24.000 Ferngesprächen, Telex- oder Datenverbindungen sowie drei Fernsehprogrammen gleichzeitig transportieren.
Ein gewagtes Abenteuer war im Juni 1967 noch die Sendung Our World, die erste weltweit live ausgestrahlte zweistündige Fernsehsendung. Unter der Federführung der BBC waren mehr als 10.000 Menschen weltweit monatelang an den Vorbereitungen beteiligt. Von 42 Orten der Erde wurden Bilder in die Wohnstuben von schätzungsweise 600 Millionen Menschen gesendet. Sieben Satelliten wurden damals zusammengeschaltet, und die Techniker bangten ständig um den reibungslosen Ablauf. Ein Jahr später gehörte die Satellitenkommunikation zwischen den Erdteilen mit der Olympiade in Mexiko fast schon zum Alltag. Bob Beamons 8,90-Meter- Sprung flimmerte zur Nachtzeit live in bundesdeutsche Wohnstuben. Makabrer Höhepunkt dieser Entwicklung zur immer Schnelleren und immer Aktuelleren, Telepräsenz war der 15. Januar 1991. Live, genau rechtzeitig zur amerikanischen Hauptnachrichtensendezeit, brachte CNN Bilder vom „Feuerwerk“ über Bagdad.
Heute läuft über die Telekommunikationssatelliten nicht nur der transkontinentale Bilderaustausch — sie dienen auch der Verteilung von TV-Bildern insbesondere in Flächenstaaten wie der GUS oder auch Indonesien. Unterkanäle werden genutzt für Datenfunk und LKW-Navigation, für digitales Radio und zur Überbrückung der schlechten Telefoninfrastruktur.
Mit der Deregulierung der Satellitenkommunikation im Rahmen der EG steht der Boom eines neuen Wirtschaftszweiges erst noch bevor. Etwa 1997 will der amerikanische Konzern Motorola mit seinem aus 77 Trabanten bestehenden privaten Satellitensystem „Iridium“ das globale Dorf realisieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen