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Skinheads made in Italy

■ Rechtsradikale randalieren gegen den Wechsel des farbigen Aron Winter von Amsterdam nach Rom

Göteborg (dpa) — Schockiert nahm Aron Winter die üblen Nachrichten aus Rom zur Kenntnis: Rechtsradikale Skinheads stiegen auf die Barrikaden und protestierten weiter gegen den Wechsel des 25jährigen dunkelhäutigen Mittelfeldspielers von Ajax Amsterdam zu Lazio Rom, wo mit Karlheinz Riedle und Thomas Doll auch zwei deutsche Nationalspieler unter Vertrag stehen. „Ich bin fassungslos und habe Angst“, gestand Winter am Mittwoch im niederländischen EM-Quartier in Varberg, 80 Kilometer südlich von Göteborg, wo die Oranjes ihre Vorrundenspiele absolvieren.

Aron Winter hat am vergangenen Samstag bei Lazio Rom einen Vier-Jahres-Vertrag bis zum 30. Juni 1996 für die Ablösesumme von 6,7 Millionen Mark unterschrieben, ohne zu ahnen, was auf ihn zukommt. „Ich vermute, daß die Skinheads etwas gegen meine schwarze Hautfarbe haben und wegen meines Vornamens Aron annehmen, daß ich Jude bin — letzteres stimmt gar nicht.“ Winter ist gebürtiger Surinamese hinduistischer Abstammung und kam als Fünfjähriger mit seinen Eltern in die Niederlande. Sein Stammverein ist der niederländische Rekordmeister und frischgebackene UEFA-Cupsieger Ajax Amsterdam. Dreiundzwanzigmal trug er inzwischen das Oranje-Trikot des EM-Titelverteidigers.

In Rom herrscht tiefe Bestürzung über die Ausschreitungen gegen Winter. Roms Bürgermeister Franco Carraro, Direktor bei der WM 1990 in Italien, hat Aron einen Brief nach Schweden geschrieben. Darin bedauert Carraro die Vorfälle und bringt gleichzeitig die Hoffnung zum Ausdruck, daß Aron Winter seinen Entschluß zu Lazio kommen zu wollen, nicht rückgängig machen werde. Es sei nur eine Minderheit Unbelehrbarer, die gegen seinen Transfer zu Lazio demonstriere.

Im Lager der Niederländer wurden angesichts des Winter-Affronts Erinnerungen wach: 1989 unterschrieb der israelische Internationale Ronny Rosenthal von Standard Lüttich einen Drei-Jahres- Vertrag beim italienischen Provinzklub Udine. Rosenthal wurde der Presse präsentiert, aber über Nacht hatten rechtsradikale Fanatiker das ganze Stadion mit antisemitischen Parolen verschmiert. Einen Tag danach wurde der Vertrag mit dem Israeli annulliert — wegen „mangelnder Fitneß“, wie die offizielle Version der schnellen Trennung lautete. Karl-Georg Happe

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