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Der Bund hat kein Geld mehr übrig

Kiel/Frankfurt (ap/taz) — Den BundesbürgerInnen stehen nach Einschätzung des Chefvolkswirts der Bundesbank, Otmar Issing, weitere Steuererhöhungen bevor, wenn die Regierungskoalition sich nicht doch noch zu spürbaren Einschnitten in den Staatsausgaben durchringt. Das derzeitige Wachstum der Staatsverschuldung sei besorgniserregend, sagte Issing gestern. Zugleich steuere die gesamtwirtschaftliche Abgabenbelastung in der Bundesrepublik in diesem Jahr auf einen neuen Rekordstand zu.

Rechne man Steuern und Sozialbeiträge zusammen, dürfte die gesamtwirtschaftliche Abgabenquote 1992 rund 41 Prozent des Bruttsozialproduktes betragen, so der Bundesbank-Experte. Die Belastungshöhe vom Anfang der 80er Jahre, also vor der mehrstufigen Steuerreform, werde damit übertroffen. Aus der finanzpolitischen Klemme helfen würde das Drehen an der Steuerschraube dem Staat aber nicht: Die Schuldenlast werde von einem Volumen von 41,5 Prozent des Bruttosozialproduktes Ende 1989 bis 1996 auf etwa 54 Prozent anschwellen.

Bis Mitte der 90er Jahre würden damit rund zwölf Prozent aller Staatsausgaben von den Zinszahlungen aufgefressen; 1991 habe diese Quote noch bei rund acht Prozent gelegen. Einschließlich der Zinsen auf die Hälfte der Schulden der Treuhandanstalt (die andere Hälfte sollen die Länder übernehmen) müßten beim größten öffentlichen Schuldner, dem Bund, Mitte des Jahrzehnts sogar schätzungsweise 17 Prozent aller Ausgaben in den Schuldendienst fließen.

Weil die mittelfristige Haushaltsplanung der Bundesregierung eine Begrenzung des Ausgabenwachstums auf nominal drei Prozent vorsehe, bleibe schon jetzt „für die eigentlichen Aufgaben der öffentlichen Hand kein zusätzlicher realer Finanzierungsspielraum zur Verfügung“, stellte Issing fest. Dabei könnten weitere unabwendbare Ausgabenbelastungen, beispielsweise das erwartete Bundesverfassungsgerichtsurteil, das die Steuerfreibeträge anheben wird, „das skizzierte Bild noch verdüstern“.

Wenn der Staat seine Ausgaben weiter wie bisher auf Pump finanziere, werde das in einen schuldenpolitischen Teufelskreis münden: Weil der Staat die regulären Einnahmen mit dem Zinsdienst blockiere, müsse er sich für notwendige Aufgaben immer weiter verschulden.

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