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Stolpe protestiert gegen Modell des Jäger 90

■ Die Militärmaschine soll vom ILA-Gelände verschwinden/ Bis gestern nachmittag unklar, ob Ministerpräsident Flugzeugmesse miteröffnet

Schönefeld. Der Streit um das ausgestellte Modell des Jäger 90 auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) spitzt sich weiter zu. Ob der brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) heute die ILA gemeinsam mit Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) wie geplant eröffnen wird, war am gestrigen Nachmittag noch immer nicht entschieden. Stolpe machte sein Teilnahme an der Eröffnungsveranstaltung davon abhängig, daß die Holzattrappe des Kampfflugzeugs vom Messegelände auf dem Flughafen Schönefeld entfernt wird. Der Ministerpräsident warf dem Bund der Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI), dem Veranstalter der ILA, vor, die Landesregierung regelrecht getäuscht und deren Vertrauen mißbraucht zu haben. Im April vergangenen Jahres hatte das Brandenburger Kabinett beschlossen, daß auf der Luftfahrtausstellung nicht für das umstrittene Militärflugzeug geworben werden darf.

Der Präsident des BDLI, Karl Dersch, lehnte dagegen die Entfernung des Militärmodells ab. Andernfalls, so Dersch, befürchte er den Auszug der italienischen, britischen und spanischen Aussteller, die gemeinsam mit der Bundesrepublik an der Entwicklung des »Eurofighters« beteiligt sind. Die gesamte ILA könnte scheitern, sagte Dersch. Die Vorwürfe Stolpes könne er nicht nachvollziehen, denn in den schon 1991 begonnenen Gesprächen mit der Landesregierung sei nie die Rede davon gewesen, daß der Vier-Länder-Fighter nicht gezeigt werden dürfe. Die ablehnende Haltung des Bundesverteidigungsministers Volker Rühe (CDU) zu dem milliardenteuren Rüstungsprojekt bewertete der BDLI-Präsident als eine persönliche Position, die weder in der Bundesregierung noch in der Bevölkerung mehrheitsfähig sei.

Landtagspräsident Herbert Knoblich (SPD) sagte gestern wegen der Präsentation des Jäger-90-Modells, die er »sehr bedenklich« nannte, seinen Besuch ab. SPD-Fraktionschef Wolfgang Birthler rief zur »Bürgergegenwehr« gegen den Jagdbomber auf. Die Zufahrten zur ILA sollten mit Sitzblockaden gesperrt werden, »bis das Ding weg ist«. Eine Genehmigung für die Ausstellung im kommenden Jahr müßte dringend geprüft werden.

Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) wurde von den Koalitionsfraktionen SPD, FDP und Bündnis 90 wegen Verletzung des Kabinettsbeschlusses massiv kritisiert. Hirche findet zwar auch, daß durch die Attrappe das Thema ILA »unnötig erschwert« werde, er sehe jedoch keinen Verstoß gegen den Beschluß der Landesregierung, da durch die Zurschaustellung des Modells keine Werbung im Wort betrieben werde.

Die Bürgerinitiative Entmilitarisierung der Luftfahrtausstellung (EMIL), die unter anderem von brandenburgischen Landtagsabgeordneten der SPD, des Bündnis 90 und der PDS gegründet wurde, will täglich dagegen protestieren, daß ein Drittel der Ausstellung militärischen Charakter habe. Die Berliner »Kampagne gegen Wehrpflicht« will heute den Flughafen Schönefeld in »Ramstein II« umbenennen. Kirchengemeinden veranstalteten gestern am späten Nachmittag eine Podiumsdiskussion in der Schönefelder Kirche zum Thema Abrüstung. Heute soll am Friedhof Diepensee für die Opfer der damaligen Unfallkatastrophe in Ramstein demonstrativ ein Kranz niedergelegt werden. Am kommenden Samstag ist vor den drei Eingängen des ILA-Geländes eine Menschenkette geplant. Dirk Wildt

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