: Sexuelle Belästigung am Telefon
Kiel (epd) — Das Klingeln des Telefons kann für eine Frau eine böse Überraschung bedeuten. Manchmal meldet sich keine vertraute Stimme am anderen Ende der Leitung, sondern ein anonymer Anrufer, der sie mit obszönen Sprüchen beleidigt. Jede zweite Frau in Deutschland hat schon Erfahrungen mit sexueller Belästigung am Telefon gemacht, schätzt die Diplompsychologin Sabine Sczesny vom „Notruf für vergewaltigte und sexuell mißbrauchte Frauen“ in Kiel.
Weil der Telefonterror deutlich zunimmt, werden immer mehr Hilfsgesuche und Anträge auf neue oder geheime Telefonnummern gestellt. Allein bei der Kriminalpolizei in Kiel gehen jeden Monat 25 Anzeigen wegen telefonischer Belästigung ein. Ein typischer Fall: insgesamt 62 Frauen in Schleswig-Holstein hat ein Mann aus Neumünster von Ende 1989 bis zum März dieses Jahres telefonisch belästigt. Als angeblicher Arzt vom Gesundheitsamt fragte er von den ahnungslosen Frauen zwischen 17 und 70 Jahren intime Einzelheiten ab. Auch Gewaltandrohung am Telefon ist keine Seltenheit. So wird eine Mutter angerufen, während ihre Kinder in der Schule sind, und mit der Drohung erpreßt, daß ihnen auf dem Nachhauseweg etwas zustoße, wenn sie nicht zu sexuellen Handlungen bereit sei. Der telefonische Terror trifft die Opfer in ihrer Wohnung, wo sie sich sicher glauben. „Obszöne Anrufer sind Menschen, die kein normales Sexualleben oder keine normale Beziehung zu Frauen haben können“, erläutert der Psychologe Michael Brust von „Pro Familia“ in Flensburg. Am Telefon wollen die Täter, die oft in einer persönlichen Krise stecken, Macht ausüben. Trotz geringer Chance, einen anonymen Anrufer zu fassen, ermuntert der Kieler Oberstaatsanwalt Uwe Wick alle belästigten Frauen auch zu Anzeigen gegen Unbekannt. Selbst sie können für die Aufklärung wichtig sein.
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