: JÄGER DES VERLORENEN SCHATZES
Wo steckt Marcos' Gold?
Genf (taz) — Angeblich irgendwo verborgene Goldschätze regen die Phantasie an und führen immer wieder zu neuen Suchaktionen. Das ist nicht nur in Märchen und klassischen Sagen so, sondern auch in unserer modernen Realität.
Am Donnerstag landete Herr David Castro aus Manila auf dem Flughafen Zürich-Kloten. Just hier im Zollfreilager des Airports vermutet der Leiter einer Sonderkommission der philippinischen Regierung den sagenhaften Schatz von 300 Tonnen Gold. Eingelagert haben soll ihn dort die Schweizerische Bankgesellschaft (SBG) im Auftrag des inzwischen verstorbenen Ex-Diktators Ferdinand Marcos. So weit ist die Geschichte nicht neu. Schon im letzten Jahr geriet ein von Marcos angeheuerter Privatdetektiv bei der Goldsuche in der Schweiz in Konflikt mit hiesigen Gesetzen. Er wurde festgenommen und schließlich ausgewiesen. Der Vorgang belastete die Rechtshilfebeziehungen zwischen Bern und Manila auch hinsichtlich der Rückführung der bei diversen eidgenössischen Banken deponierten Millionengelder, die Marcos während seiner Diktatur ins Ausland geschafft hatte.
Neu ist, daß die Regierung in Manila jetzt einen Zeugen aufbietet für die Existenz des Goldschatzes in Zürich: den philippinischen Industriellen Enrique Zobel, der sich selber als guten Kunden diverser Schweizer Geldinstitute bezeichnet. Laut Zobel habe Marcos nach Ende des 2. Weltkrieges im Norden der Philippinen riesige Goldmengen aus japanischem Besitz gefunden und bei Banken in der Schweiz und anderen Staaten deponiert. Den heutigen Wert des Edelmetalls beziffert der Industrielle auf 35 Milliarden Dollar. Ende 1988 will er der Präsidentin Corazon Aquino im Auftrag von Marcos angeboten haben, einen Teil des Goldschatzes auf die Philippinen zurückzuschaffen, wenn Marcos im Gegenzug ebenfalls aus seinem Exil auf Hawaii in die Heimat zurückkehren dürfe. Aquino lehnte ab. Auf Anfrage erklärte ein Sprecher der SBG- Zentrale in Zürich, die Bank habe keine 300 Tonnen Gold im Zollfreilager des Flughafens Kloten eingelagert. Ob denn vielleicht geringere Mengen, an einem anderen Ort, zum Beispiel in Schließfächern der Bank— dazu wollte der Sprecher allerdings auch auf mehrfache Nachfragen keinen Kommentar geben. Mit Herrn Castro aus Manila werde man jedenfalls auf gar keinen Fall zusammentreffen. Dies behauptete auch der Sprecher des für die Rechtshilfebeziehungen mit Manila zuständigen Berner Justizministeriums. Dort will man von der Ankunft des philippinischen Regierungsbeamten nur informell erfahren haben. Was Herr Castro denn dann überhaupt in der Schweiz mache, ob er vielleicht mit Schaufel und Wünschelrute auf Schatzsuche geht? Möglicherweise werden wir dies in den nächsten Tagen erfahren. Andreas Zumach
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