: Werften-Wind weht aus Luxemburg
■ Die EG will heute über Schiffbau-Kapazität und Zuschüsse für ostdeutsche Werften entscheiden
Schwerin (afp/taz) — Über die Zukunft von Mecklenburg-Vorpommern wird heute in Luxemburg entschieden. Dort wollen die Industrieminister der Europäischen Gemeinschaft die Eckwerte für die künftige Unterstützung der ostdeutschen Werften festlegen. Um zwei Zahlen geht es dabei in erster Linie: Das Limit für die Schiffbau-Kapazität und die Zuschüsse, die den Werften bis Ende 1993 gezahlt werden dürfen. Daran hängen Tausende von Arbeitsplätzen. Einen Kapazitätsabbau um 40 Prozent will die EG-Kommission den Ostsee-Werften verordnen. Von den 545.000 Calibrated Gross Tons (CGT), die zum Ende der DDR noch vorhanden waren, muß auf 327.000 CGT reduziert werden. Die Franzosen wollen den ostdeutschen Schiffbau um 57 Prozent abspecken. Um so viel seien die Kapazitäten in Europa in den vergangenen 15 Jahren reduziert worden, argumentieren sie. Die drei ostdeutschen Hansestädte Stralsund, Rostock und Wismar haben signalisiert, daß sie mit einem 40prozentigen Abbau einverstanden wären. 327.000 CGT bieten den bestehenden Werften in Wismar, Rostock-Warnemünde, Stralsund, Wolgast und Boizenburg eine Überlebenschance. Diese Standorte zu erhalten ist das erklärte Ziel der CDU/ FDP-Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern. Zweiter Streitpunkt ist die vorgeschlagene Schiffbau-Hilfe für Ostdeutschland von 36 Prozent bis Ende 1993. „Wettbewerbsverzerrung“, schimpfen die Europäer und wollen nur 18 Prozent gewähren. In der „alten“ EG bekommt eine Werft schließlich höchstens neun Prozent des Umsatzes pro Schiff vom Staat zugeschossen. Bleiben als dritter Geldtopf noch die Investitionszuschüsse. Hier hat die Kommission keine Obergrenze empfohlen. Die Franzosen und Spanier wollen bei 40 Prozent den Schlußstrich ziehen. Viele Werftarbeiter aber wollen inzwischen vor allem, daß endlich überhaupt eine Entscheidung fällt. Seit Montag hält die Belegschaft der Stralsunder Volkswerft deswegen ihren Betrieb besetzt, die Arbeiter der Rostocker Neptun- Werft gingen gestern auf die Straße.
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