Huldigt dem Helden im Haushalt!

Seit vierzig Jahren steht die Front der Hausarbeitsverweigerer/ Studie für das Bundesforschungsministerium entdeckt das Haushaltsgen/ Jede Menge Technik hat die Arbeitszeit im Haushalt nicht reduziert/ Der neue Mann ist ganz der alte  ■ Aus Berlin Bascha Mika

Der moderne Haushalt hat einen Sklaven — und der heißt Mann. Er wäscht, wuselt, windelt. Muskeln läßt er nur beim Fensterputzen spielen. Das Beste an ihm kommt nicht mehr zum Einsatz; geschafft fällt er abends ins Bett, das er gerade frisch überzogen hat. Die Spezies mit dem aufstrebenden Pfeil ist abgestiegen, vorzugsweise auf den Küchenboden, den sie täglich schrubbt. Seht ihn an, den neuen Mann: den „hero of reproduction“!

Alles Schwanzwedelei! Der Held im Haushalt ist Humbug, reine Fiktion. Sie paßt zum Salbadern vom „neuen Mann“ — und ist genauso Mythos. Junge Männer sind wie alte Männer: Parasiten im Haushalt, sagrotanresistent. Die anfallende Arbeit überlassen sie nach wie vor großzügig den Frauen. Das haben zwei Wissenschaftlerinnen der Technischen Universität Berlin in einer Studie für das Bundesforschungsministerium herausgefunden. Das Fazit von Sibylle Meyer und Eva Schulze: „Die Hauptverantwortung für die Hausarbeit lag und liegt bei den Frauen, unabhängig davon, ob sie Kinder haben oder nicht, erwerbstätig sind oder ,Nur‘-Hausfrauen. Die Hausarbeitsverweigerung von Männern erscheint als eine entscheidende Konstante in der Familienstruktur der letzten vier Jahrzehnte.“

Die Soziologinnen untersuchten 80 westdeutsche verheiratete Paare mit Kindern. Ein Teil war um die 30, der andere um die 60 Jahre alt. Doch die Arbeitsaufteilung war bei beiden Generationen fast identisch: mann thront, frau front. Meyer: „Junge Männer haben mehr Kompetenzen im Haushalt. Sie können auch ihr Baby füttern und windeln“ — aber sie tun es nicht. Oder nur, wenn sie müssen. Solange beide berufstätig und ohne Kinder sind, wird noch ein bißchen Partnerschaft geheuchelt. Kaum ist eine Familie gegründet, läßt der Mann Maske und Putzlappen fallen. Avanciert er gar zum Ernährer von Frau und Kind, schlägt das Anti-Haushaltsgen voll durch, und er tut zu Hause das, was sein Vater auch schon getan hat: Nichts.

Schildern Ehefrauen, vor allem „Nur-Hausfrauen“, ihren Tagesablauf, kommt ihre bessere Hälfte schlicht nicht vor. Denn auch bei den Pflichten, die nach seinem Feierabend anfallen, befleißigt sich das sogenannte Oberhaupt der Familie vornehmster Zurückhaltung. „Aber wenn ich mal weg war“, erzählte eine junge Gattin, „da hat er die Waschmaschine auch alleine in Gang gekriegt. Also, er weiß schon wie es geht.“ Was die untersuchten Frauen zu berichten hatten, glaubte man längst auf dem Haushaltsmüll der Geschichte. „Das Haushaltskonto ist mein ganz privates Konto, wo ich den Haushalt von bestreite“, sagte eine Mittdreißigerin. „Und er hat sein eigenes, ne.“

Heim und Herd lähmt Männern nicht nur die Finger, sondern auch das Selbstbewußtsein. „Meine Frau kann das alles viel besser“, lautet die stereotype Begründung für die zum Himmel stinkende Faulheit. Und rühren die Herren mal ein Glied, erwarten sie auch noch Dankbarkeit und Entzückensschreie. „Also, mein Mann kommt nicht nach Hause und sagt ,Mensch, haste ja toll saubergemacht‘, sondern wenn er mal saubermacht, sagt er: ,Guck mal! Hab ich gemacht.‘“

Die ungerechte Arbeitsverteilung löst häufig Familienkräche aus. Folgerichtig spielen sich die meisten gewalttätigen Auseinandersetzungen in der Küche ab. Doch nur im Witzblatt sind es die Weiber, die das Nudelholz schwingen. „Die Leichen, die übrigbleiben, sind meistens Frauen“, bemerkt Eva Schulze lapidar.

Haben die Hausarbeitsverweigerer mal einen Anflug von schlechtem Gewissen, kaufen sie ihren Frauen Wasch- und Spülmaschinen, elektrische Messer und Mixer. Die Verbreitung technischer Geräte im Haushalt hat seit den 60er Jahren gewaltig zugenommen. Es häckselt und knetet sich alles von selbst, die Arbeit schrumpft auf ein lächerliches Maß. „Ich schaff doch meiner Frau alle diese Geräte an“, beschwerte sich ein Journalist bei Sibylle Meyer, „und sie ist immer noch unzufrieden und kommt mit der Arbeit nicht hinterher.“

Kein Wunder! Die Arbeit im Haushalt ist trotz der Flut technischer Hilfsmittel nicht weniger geworden. Meyer/Schulze — denen es in ihrer Untersuchung im besonderen um die „Auswirkungen der Technisierung auf Familien-, Haushalt- und Wohnsituation“ ging — haben festgestellt, daß die Arbeitszeit im Haushalt seit dem Zweiten Weltkrieg konstant geblieben ist. Rund 50 Stunden pro Woche werden in einer Drei-Personen-Familie den Göttern der Reinheit und des Gaumens geopfert. Die Zeit, die technisches Gerät spart, wird durch höhere Lebens- und Hygienestandards wieder aufgefressen. Was die Waschmaschine an Waschzeit reduziert, wird durch mehr Wäsche und häufigeres Waschen wettgemacht. Wo früher Kartoffelsuppe und Hering auf den Tisch kamen, bestimmen heute raffiniertere Gerichte mit aufwendiger Zubereitung den Speiseplan.

Die starke Leistung des schwachen Geschlechts hat sich durch technische Hilfen nicht verringert. Die chromosomenbedingte Arbeitsteilung wurde sogar noch verschärft. Denn durch die Modernisierung des Haushalts, stellen Meyer/Schulze fest, sind die „traditionell von Männern erledigten Arbeiten“ weggefallen. Das hat zu noch eindeutigerer Konzentration auf Frauen geführt. Zugeben will das kein Mann. „Es gibt einen unheimlichen Unterschied zwischen normativem Bewußtsein und Praxis“, stellt Sybille Meyer fest. Im Klartext: Vor allem junge Männer behaupten, daß sie eine partnerschaftliche und gleichberechtigte Beziehung wollen. Auf solche Männer sollte frau mit ihrer im Haushalt erworbenen Professionalität reagieren: Weg mit dem Dreck!