Tod eines Journalisten?

■ Der Reporter Ivo Standeker und die Fotografin Jana Schneider sind in Sarajevo schwer verletzt worden

Berlin (taz) — Gestern nachmittag noch hofften Freunde und Kollegen, daß sich die Nachrichten aus Sarajevo nicht bewahrheiten mögen. Serbische und bosnische Nachrichtenagenturen hatten berichtet, daß Ivo Standeker, der dreißigjährige Reporter des bakannten slowenischen Nachrichtenmagazins 'Mladina‘ und Mitarbeiter auch der taz, in der Nacht zum Mittwoch seinen Verletzungen erlegen ist. Jana Schneider, eine amerikanische Fotoreporterin ('Newsweek‘, 'Stern‘), die ebenfalls durch Granatsplitter verletzt wurde, befindet sich nach Angaben des serbischen Oppositionssenders B 92 außer Lebensgefahr. Bisher sind mindestens 25 Journalisten während des Krieges in Ex-Jugoslawien umgekommen.

„Noch hat das UNO-Hauptquartier in Sarajevo die Nachricht nicht bestätigt. Solange glauben wir nicht an den Tod unseres Freundes“, erklärte Ali Zerdin, ein Kollege Standekers bei 'Mladina‘. Jana Schneider und Ivo Standeker wurden durch eine Granate verletzt, als sie in der Nacht zum Mittwoch sich in der hart umkämpften Neubausiedlung Dobrinja aufhielten. Diese Siedlung war schon vor Verkündung des Waffenstillstandes von muslimanisch-kroatischen Truppen gegenüber serbischen Truppen verteidigt worden. Kroatische und bosnische Radiostationen sowie das slowenische Fernsehen hatten gestern berichtet, daß die beiden verletzten Journalisten von serbischen Freischärlern in einen von ihnen kontrollierten Stadtteil entführt worden wären. Aufgrund der mangelnden Kommunikationsmöglichkeiten konnten diese Meldungen jedoch bisher nicht bestätigt werden.

Ivo Standeker hat auch in der taz Beiträge veröffentlicht. Aufsehen erregte seine Reportage aus Dubrovnik vom letzten Oktober, nachdem es Ivo gelungen war, als einer der ersten Journalisten von außen mit einem kroatischen Schnellboot in die eingeschlossene Stadt zu gelangen. Und vielen in Erinnerung geblieben ist seine Reportage über das Denkmal von Ivo Andric, des berühmten bosnischen Autors der Brücke über die Drina. Ivo Standeker beschrieb im März dieses Jahres den Mann, der das Denkmal des Schriftstellers in die Fluten der Drina stürzte. Und er beschrieb ihn mit der Absicht, vor der Aufschaukelung der nationalistischen Gefühle in Bosnien-Herzegowina zu warnen.

Ivo Standeker, der weltläufige Kosmopolit, der für die Unabhängigkeit Sloweniens stritt, wurde lebensgefährlich verletzt, weil er über einen fürchterlichen Krieg berichten wollte, einen Krieg, den er niemals akzeptiert hat. Gerade aus dieser Verantwortung heraus hat er kein Risiko gescheut. Erich Rathfelder