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Die mit den grün-roten Zelten

■ Mit Kind und Kegel ins „Eurocamp“-Zelt: Urlaub den Kindern zuliebe?

Die Sonne — durch die Zeltwand gefiltert, taucht alles in ein warmes, weiches Licht. Die Geräusche der Natur klingen zart und irgendwie merkwürdig gedämpft an Ihr Ohr. Das war damals, bei Tante Rosi im Obstgarten: unauslöschliche Kindheitserinnerung ans Zelten an sich.

Mit solchen Urzeltgefühlen wirbt Eurocamp, ein seit einigen Jahren auch in Deutschland tätiger britischer Reiseveranstalter. Zielgruppe ist die junge, dynamische Kleinfamilie, die ja angeblich alles für ihre Kinder tut, welche bekanntlich viel lieber zu Hause bleiben würden. Folgerichtig läuft die Werbung hierzulande u.a. über einen schwedischen Möbelkonzern mit Elch im Schild.

Mit Eurocamp eroberte der britische Tourismus vor 20 Jahren zunächst die Normandie und dann den Rest der Welt — Eurocamp als System nimmt der verunsicherten und störanfälligen Kleinfamilie die Angst vor der Fremde. Weil: Wo immer man ankommt, kennt man sich aus. Wie bei Ikea.

Markenzeichen von Eurocamp ist das grün-rote Steilwandzelt, das man mittlerweile in 12 europäischen Ländern auf 140 ausgesuchten Alle Zelte, mit über 25 qm sehr großzügig dimensioniert, sind bis ins Detail identisch ausgerüstet. Das fängt beim superscharfen Brotmesser an, geht über schaumstoffgepolsterte Doppel- und Einzelbetten in separaten Kammern bis hin zu Klappliegen, einem vierflammigen Kocher und einer Barbecue-Apparatur. Man kann also im Dunkeln ankommen. Und die Kids, einmal eingeweiht, finden sich am Atlantik ebenso schnell zurecht wie am Mittelmeer, an der Ardeche, in Interlaaken, am schwedischen Vänersee oder auf Korfu.

Swimming-Pool, Restauration, warmes Wasser und Tennis- Platz gehören meist zur Standartausrüstung der Mehr-Sterne- Zeltplätze, manchmal wird Baby- Sitting angeboten, manchmal ein

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„Spielleiter“, recht gutes Spielzeug kann gebucht werden. Weil man im Prinzip nur Bettzeug, Klamotten und Sonnenöl mitbringen muß, kann man mit der Bahn anreisen.

Zur Not geht's auch mit der Familienkutsche. Weil reine Übernachtungsbuchungen möglich sind, kann man Zeltplätze auf der Strecke buchen. Oder den Urlaub teilen: eine Woche Mittelmeer, eine Woche Alpen: kein Problem. Eurocamp muß allerdings auch was bieten, denn die Konkurrenz in Gestalt fester und abschließbarer Ferienhäuser kommt oft billiger: In der Hauptsaison liegt, je nach Zeltplatz-Kategorie, der Übernachtungspreis für eine Familie mit zwei Kindern leicht über 120 Mark. Billiger kann man's in der Vor- oder Nachsaison haben: Mit etwas Rechnerei drückt man den Preis auf 40 Mark. Auch dafür gibt's schon Ferienhäuser.

Auch die flottesten Sprüche des

Veranstalters lassen einige Camping-typische Probleme bestehen: Dem Wetter ist man — ob zu heiß oder zu feucht — intensiv ausgesetzt. Mit Ameisen und Schaben muß man schon leben können. Am aufreibendsten allerdings kann Lärm werden von feuchtfröhlichen Nachtmenschen, nicht lustgebremsten Frischpubertären und notorischen Autofahrern. In der Regel hat man solche Probleme auf „lebendigen“ Plätzen z.B. direkt an Atlantik oder Mittelmeer, womöglich mit eigenem Strand. Da kippt Zeltromantik unversehens um und zeigt ihre Schattenseite: Oropax tut not. Wer neben einer „Karaoke“-Veranstaltung liegt und nicht mitsingen will, ist verloren.

Eurocamp at it's best: schattige, bachdurchströmte Zeltplätze im Landesinneren — die taz testete u.a. den Platz Col d'Ibardin bei Biaritz an der französisch- spanischen Grenze. Zwar waren Magazin, Restaurant und Pool wegen Vorsaison noch dicht, doch in den Schlaf wurde man von Fröschen gesungen, geweckt vom Kuckuck. Für den Kleinen gab's — das liegt an der Herkunft von Eurocamp — vornehmlich britische Spielzeugauto-Besitzer. Und Ziegen waren da und Smaragdeidechsen und Blütenduft und übrigens auch eine Woche lang viel Regen...

„Betreut“ wird man von — ebenfalls grün-rot gekleideten - jungen Britinnen und Niederländerinnen, die hier für einen Beruf in der Tourismusbranche üben. Sie putzen am Ende auch das Zelt. Der absolute Knüller indes, der auch die letzten Zögernden von der Eorocamp-Idee überzeugen muß, hat zwar keinerlei praktischen, aber hoch-emotionalen Wert: Die Firma organisiert notfalls einen „Teddy-Rückhol- Dienst“. Bus

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