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Schertz ist reif für die Insel

■ Der scheidende Polizeipräsident wurde gestern mit einer Feierstunde im Präsidium in den Ruhestand geschickt/ Der Innensenator war nicht eingeladen, bekam aber in den Reden reichlich Fett ab

Tempelhof. Vor dem Portal des Polizeipräsidiums hatte sich gestern vormittag eine Reiterstaffel postiert, im blumengeschmückten Foyer standen die Polizeiführer, Direktions- und Abschnittsleiter in Reih und Glied. Von den weißen Mäusen in Motorradkombi über die Einsatzbereitschaften in olivgrünen Kampfanzügen, Schutzpolizisten mit Schäferhunden bis hin zu den Froschmännern in Taucheranzügen war auch das Fußvolk gekommen, um dem scheidenden Polizeipräsidenten Georg Schertz zum letzten Mal die Hand zu drücken. Auch Vertreter der Feuerwehr, Bundeswehr, Alliierten, des Bundesgrenzschutzes und der Generalstaatsanwalt des Landgerichts ließen es sich nicht nehmen, Schertz Ade zu sagen. Nur der oberste Dienstherr Heckelmann und Landesschutzpolizeidirektor Kittlaus glänzten durch Abwesenheit, aber sie waren bei der Feierstunde auch nicht erwünscht. Die Zeit der Heuchelei ist vorbei: Um dem Innensenator, der ihn mit seinen Intrigen und Kittlaus' tatkräftiger Unterstützung zu Fall gebracht hatte, nicht noch einmal begegnen zu müssen, bestand Schertz auf eine postalische Zusendung seiner Entlassungsurkunde.

Auch wenn die Namen Heckelmann und Kittlaus in den Abschiedsreden kein einziges Mal fielen, war klar, wer gemeint war. Vizepräsident Dieter Schenk, der die kommissarischen Amtsgeschäfte des Polizeipräsidenten wahrnimmt, sprach von einer »offensichtlich koordinierten Diffamierungskampagne« gegen den scheidenden Polizeipräsidenten und die Polizeiführung. Diese sei »von den gleichen handelnden Personen« und den »gleichen Medien« mit den immer »gleichen Verleumdungen« durchgezogen worden, um das Ansehen des Polizeipräsidenten zu schädigen. Die Polizeiführung sei weder zerstritten, noch ermangele es ihr an einem Konzept zur Bekämpfung der Kriminalität. Vielmehr hätten die Verleumdungen dazu geführt, das Band zwischen Schertz und der Exekutive nur noch enger zu knüpfen. »Das«, so Schenk, »hat nichts mit Kumpanei zu tun.« Der Vizepräsident bezeichnete die Polizeiführung als Schertz' »Beirat« und beendete seine Rede mit den Worten: »Der Beirat sagt an Insel vielen Dank«. Insel war der Name, unter dem der Segler und Anwohner der Halbinsel Schwanenwerder, Schertz, in dem operativen Vorgang der Stasi geführt worden war.

Noch deutlicher wurde der Vorsitzende des Gesamtpersonalrats der Polizei Jürgen von Malottki in seiner Laudatio auf den Vorruheständler. Er sprach von ständigen »negativen Eingriffen« der obersten Dienstbehörde, die bei der Polizeiführung eine »Fülle« von lähmenden Berichten angefordert habe, statt den Vereinigungsprozeß der Polizei zu Ende zu bringen. »Bestimmten Herren« sei Schertz »suspekt« gewesen, nur weil er gesetzestreu und loyal zu den Innensenatoren, auch den »rot-grünen«, gewesen sei. Malottki konnte sich nicht des Eindrucks erwehren, daß »irgendwo entschieden wurde, den Präsidenten zu Fall zu bringen«.

Der sichtlich bewegte Schertz machte keinen Hehl daraus, daß er seinen Abschied als sehr zwiespältig empfinde. Aber seine Entscheidung zu demissionieren, habe bereits Wirkung gezeigt, frohlockte er mit dem Hinweis darauf, daß sich die Koalition plötzlich binnen Stunden auf eine neue Führungsstruktur der Polizei verständigen konnte. »Das haben wir seit einem Jahr angemahnt.« Der scheidende Polizeipräsident warnte eindringlich vor einer zu starken Einmischung der Politik in die Polizei. Es solle niemand glauben, daß die Sicherheit besser würde, wenn man der Polizei »nur in den Hintern tritt«. Sein letzter Appell vor den Worten, »ich melde mich ab«: Man müsse mit dem Machtmittel Polizei »sorgfältig« umgehen. Erfolgreicher als der Schlagstock sei »der Kopf«. Plutonia Plarre

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