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Einheitsbrei quillt im Radio

■ „radio NRW“ liefert fast allen Lokalsendern Programm

Eine neue INFAS-Studie bescheinigt dem lokalen Hörfunk in Nordrhein- Westfalen, bis zu vierzig Prozent aller RadiohörerInnen zu erreichen. Wo es lokale Sender gibt, wird eine halbe Stunde länger als früher Radio gehört, nämlich dreieinhalb Stunden pro Tag. In ländlichen Regionen hat das lokale Privatradio den WDR als Marktführer abgelöst. Dennoch: Die Auflage der Regionalzeitungen leidet nicht unter der Konkurrenz.

Der Erfolg dieses lokalen Hörfunks liegt nicht zuletzt darin begründet, daß es eigentlich gar kein lokaler Hörfunk ist: Nur fünf bis acht Stunden Programm werden tatsächlich von Lokalstationen produziert, in der restlichen Zeit wird das Rahmenprogramm von „radio NRW“ übernommen. radio NRW wird vom Pressefunk Nordrhein-Westfalen, ein Zusammenschluß der nordrhein- westfälischen Zeitungsverlage (55 Prozent), der Bertelsmann-Tochter UFA (15 Prozent) und dem WDR (30 Prozent) getragen. Es liefert ein komplettes Magazinprogramm mit politischen Informationen, Gewinnspielen, Sport- und Musiksendungen. Jede Stunde ist in sich abgeschlossen, so daß die Lokalstationen zu jeder vollen Stunde auf radio NRW umschalten können.

Das Programm von radio NRW kommt via Satellit zu den Lokalstationen, die es dann auf ihren terrestrischen Frequenzen weiter verbreiten. Alle drei Stunden wird ein nicht hörbares Signal gesendet, das automatisch die „Erkennungsmelodie“ des jeweiligen lokalen Senders auslöst. So bekommen die HörerInnen den Eindruck, ausschließlich ihr lokales Hörfunkprogramm zu empfangen.

Von den sechsundvierzig geplanten Lokalradios wollen dreiundvierzig das Rahmenprogramm von radio NRW übernehmen. Derzeit können fast elf Millionen HörerInnen radio NRW empfangen.

Nächstes Jahr soll radio NRW flächendeckend verbreitet werden. Damit ist radio NRW das größte Privatradio der Bundesrepublik, bloß kennt es niemand unter diesem Namen.

Der Vorteil dieser Konstruktion liegt auf der Hand: Die Werbung kann im größten Hörfunkmarkt der Bundesrepublik einheitlich für das ganze Land vermarktet werden. Die Werbeblöcke, die auch Klassik-Radio und der privatisierte Berliner Rundfunk übernommen haben, werden zentral von radio NRW gestaltet und von allen Lokalstationen zeitgleich und unverändert verbreitet.

Ab 1993 will radio NRW erste Gelder aus dem Verkauf von Werbezeiten an die lokalen Sender weiterleiten, und spätestens dann ist aus dem Programm, das lediglich als Rahmen für den lokalen Hörfunk gedacht war, ein landesweiter privater Hörfunk geworden, der sich den Luxus von etlichen lokalen Fensterprogrammen leistet. Matthias Tang

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