: Bezirksämter: Chaos in Ost und West
■ BVV-Wahlen: Neue Bürgermeister in fünf Bezirken/ Wahlen in sieben Bezirken/ Fünf Bezirke konnten sich nicht einigen/ Senatsinnenverwaltung: Partei kann bei »Obstruktion« Vorschlagsrecht verlieren
Berlin. Während in Reinickendorf, Hellersdorf und Lichtenberg gestern das Bezirksamt gewählt wurde, geht es in anderen Bezirken noch drunter und drüber. In Reinickendorf wurde am Mittwoch der bisherige Bürgermeister Detlef Dzembritzki (SPD) wiedergewählt. Ferner übernahmen dort sechs Stadträte ihr Amt, darunter eine Kandidatin der »Republikaner«. In Lichtenberg wurde am Mittwoch abend mit Gottfried Mucha ein Bürgermeister gewählt, der dem Bündnis 90 angehört, und zwar, wie die dortige SPD es bitter beklagt, mit den Stimmen von PDS und CDU. In Hellersdorf trat Bernd Mahlke (SPD) die Nachfolge von Marlitt Köhnke an. In beiden Bezirken stehen auch die sechs Stadträte fest.
Weniger friedlich ging es in Mitte und Treptow zu. So wurde in Mitte die Bezirksamtswahl ausgesetzt, nachdem der Kandidat des Bündnis90, Uwe Dähn, mehrmals durchgefallen war. Zuvor hatte das Bündnis seine Baustadträtin Dorothee Dubrau, die einigen Bezirksverordneten wohl auch aus den eigenen Reihen lieber gewesen wäre, nicht mehr aufgestellt, da es nur noch einen Posten besetzen durfte. Die bisherige Bündnis-Stadträtin Jutta Barthel wurde von der PDS erfolgreich nominiert, wie auch zwei weitere Stadträtinnen. Die SPD hatte hingegen Probleme: nachdem der ehemalige Baustadtrat Eckehardt Kraft wie auch der Bauingenieur Volker Hobrack nicht einmal alle Stimmen der eigenen Fraktion bekamen, wurde dann Dankwart Brinksmeier gewählt. Sowohl Brinksmeier als auch die PDS haben Ambitionen auf das Bauressort. In Treptow wurden zwar nebst dem Bürgermeister Michael Brückner (SPD) alle fünf Stadträte im Amt bestätigt, jedoch ließen auch hier CDU und SPD den Bündnis-Kandidaten, den Westberliner Johannes Spatz, durchfallen. In Weißensee wurde der Sozialdemokrat Gerd Schilling zum Bürgermeister gewählt, die Wahl der Stadträte steht noch aus. In Hohenschönhausen konnte sich die BVV nicht einigen: Weder zwei Kandidaten, die von der PDS nominiert wurden, noch zwei von der Zählgemeinschaft CDU/ SPD erhielten die Mehrheit.
Die für Mittwoch geplanten Wahlen in Zehlendorf und Kreuzberg werden nach einem Eilentscheid des Oberverwaltungsgerichts auf August vertagt. Während das OVG in Kreuzberg AL und SPD untersagte, eine Zählgemeinschaft zur Besetzung eines Stadtratspostens zu bilden (wir berichteten), durfte die BVV in Zehlendorf nicht alle ihre Stadträte nach dem Auszählverfahren nach Hare-Niemeyer wählen. Dies sei, so das OVG, nur dann zulässig, wenn dadurch eine Pattsituation aufgelöst werde, was aber in Zehlendorf nicht der Fall sei. Nun wird dort vermutlich das Los entscheiden.
Auch in der Schöneberger BVV vom Mittwoch wurde noch kein Bezirksamtsmitglied gewählt. Dort ist die Besetzung des siebten Stadtratspostens strittig. Die SPD beansprucht ihn, da sie bei der Wahl 700 Stimmen mehr erhalten habe als die CDU. Die jedoch fordert eine Losentscheidung. Im Vorfeld einigten sich die Parteien immerhin, daß die AL die Baustadträtin stellen darf.
In Tiergarten wurden der bisherige Bürgermeister Wolfgang Naujokat (SPD), der Baustadtrat Horst Porath (SPD), die Gesundheitsstadträtin Sabine Nitz-Spatz (AL) und der Sozialstadtrat Dieter Ernst (CDU) wiedergewählt. CDU, AL und »Republikaner« dürfen je noch einen Stadtrat stellen, haben aber noch keine Kandidaten präsentiert.
Wie die Situation in Mitte und Treptow gelöst wird, ist noch offen. Der zuständige Jurist beim Innensenator, Schmidt von Puskas, sagte, es sei zwar zulässig, eine Wahl mehrmals zu wiederholen, solange bliebe das alte Bezirksamt im Amt. Wenn jedoch eine Partei wiederholt einen Kandidaten präsentiere, der nicht konsensfähig sei, könne der Senat das als Obstruktionsverhalten werten. Dann würde die Partei ihres Vorschlagsrechts verlustig gehen. Eva Schweitzer
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