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Rabin bietet ein bißchen Autonomie

Der Sieger der israelischen Parlamentswahlen will auf „politische Siedlungen“ in den besetzten Gebieten verzichten/ „strategische Siedlungen“ auf dem Golan und am Jordan werden weiter gebaut  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Israels mutmaßlicher zukünftiger Ministerpräsident, der Vorsitzende der Arbeiterpartei Jizchak Rabin verspricht, den Nahost-Friedensprozeß zu erneuern, „politische Siedlungen“ in den besetzten Gebieten nicht mehr mit Staatsgeldern zu subventionieren und Israels Beziehungen mit Washington wieder „in Ordnung“ zu bringen.

In einem Interview des israelischen Fernsehens erklärte er sich am Mittwoch abend bereit, auch religiöse und rechtsorientierte Parteien in eine Regierungskoalition aufzunehmen. Voraussetzung sei allerdings, daß sich derlei Partner den Grundsätzen des Partreiprogramms seiner Arbeiterpartei anpassen und sich an das politische Credo des zukünftigen Ministerpräsidenten halten.

Rabin fehlen derzeit vier Stimmen von Abgeordneten außerhalb der Arbeiterpartei und der mit ihr verbündeten linken „Meretz“-Liste, um eine absolute Mehrheit von 61 Sitzen in der Knesset auf seiner Seite zu haben. Arbeiterpartei und „Meretz“ verfügen nach den Wahlen vom Dienstag gemeinsam über 57 Mandate in dem 120 Abgeordnete zählenden Parlament. Vorübergehend kann Rabin auf die Unterstützung der beiden arabischen Fraktionen „Demokratische Front für Frieden“ und „Arabische Demokratische Partei“ bauen, die zusammen fünf Mandate erhielten. Mit den arabischen Abgeordneten will Rabin allerdings möglichst nichts zu tun haben, da sie nicht zum zionistischen Lager gehören.

Rabins Regierung soll einen Autonomiestatus für Palästinenser in den besetzten Gebieten gemäß den Abkommen von Camp David realisieren. Die im Jahr 1978 unter Vermittlung der USA unterzeichneten Vereinbarungen zwischen Ägypten und Israel, sehen einen Zeitraum von fünf Jahren vor, in dem den Palästinensern schrittweise begrenzte Selbstverwaltungsrechte zugebilligt werden. Wie im vergangenen Oktober bei der Auftaktveranstaltung der Nahost-Friedensgespräche festgelegt wurde, sollen Einzelheiten mit der palästinensischen Delegation aus den besetzten Gebieten verhandelt werden. Die Unterredungen sollen möglichst gleich nach der Regierungsbildung beginnen.

Rabin lehnte allerdings die von der Schamir-Regierung mehrfach angekündigte Durchführung von Kommunalwahlen in den besetzten Gebieten vorerst ab. Ausgeschlossen sei auch die Zerstörung von jüdischen Unterkünften, wie es beim 1982 beendeten Abzug von der Sinai- Halbinsel geschehen sei, sagte der Chef der Arbeiterpartei.

Auf Grund seiner Friedens- und Siedlungspolitik hofft Rabin baldmöglichst die eingefrorenen amerikanischen Kreditgarantien in Höhe von zehn Milliarden Dollar zu erhalten. Die Forderung der US-Regierung nach einem totalen Siedlungsstopp will er allerdings nicht erfüllen. Rabin plant, weiterhin die „strategische“ Besiedlung der Jordan- Senke und der Golanhöhen voranzutreiben. Nach seiner Definition sind diese Gebiete von Palästinensern „nicht eng besiedelt“.

Direkte Verhandlungen zwischen der israelischen Regierung und der PLO lehnt Rabin kategorisch ab. Nichts einzuwenden hat er aber gegen die sowieso laufenden Beratungen zwischen der palästinensischen Verhandlungsdelegation aus den besetzten Gebieten und der PLO.

Rabin will seine Regierung bereits am 13. Juli — dem Tag, an dem die neue Knesset zusammentritt — vereidigen lassen. Sobald am Freitag die amtlichen Wahlresultate bekanntgegeben werden, sollen intensive Gespräche mit potentiellen Koalitionspartnern beginnen. Rabins derzeitige Absicht ist es, Koalitionsabkommen vorerst mit „Meretz“, der sefardisch-orthodox-religiösen „Shass“-Partei und der rechtsradikalen „Tzomet“-Partei zu unterzeichnen. Sollten die Verhandlungen mit diesen Partnern scheitern stehen andere Parteien bereits Schlange.

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