: Slowakei: Alle sollen sparen
Prag (dpa/taz) — Wer ist verantwortlich für die Zerschlagung des gemeinsamen Staates? Diese Frage wird in der Tschechoslowakei seit Tagen und in immer neuen Varianten diskutiert. Eine Antwort war am Mittwoch von Vladimir Meciar, dem frischgewählten Ministerpräsidenten der Slowakei zu hören. In seiner Regierungserklärung wies er darauf hin, daß die Unabhängigkeit der bisherigen Teilrepublik kein Ziel seiner Partei sei. Allerdings sei der HZDS durch die unnachgiebige tschechische Haltung das Streben nach Unabhängigkeit aufgezungen worden. „Wenn wir darüber verhandeln, dann nicht, weil wir wollen, sondern weil wir müssen.“ Die kritisierte tschechische Seite — Vaclav Klaus und seine Bürgerlich-demokratische Partei ODS — hatte das von Meciar geforderte „gemeinsame Bündnis“ zwischen der tschechischen und der slowakischen Republik abgelehnt und auf einer „starken Föderation“ beharrt.
In seiner Regierungserklärung machte Meciar auch zum ersten Mal unverhüllt die wirtschaftliche Lage der Slowakei deutlich. Die Verantwortung hierfür müsse von der Regierung seines Vorgängers, des Christdemokraten Jan Carnogursky, getragen werden. Da nun in die zerrüttete Infrastruktur investiert werden solle, müßten auch die Bürger mit Einsparungen rechnen. Im Gegensatz zu Befürchtungen in der tschechischen Republik stellte Meciar klar, daß er die Wirtschaftsreformen fortsetzen werde. Allerdings solle die Radikalkur um eine soziale Komponente erweitert werden. Der Regierung Meciars gehören nicht mehr 22, sondern nur noch 13 Mitglieder an, einige der neuen, fast ausnahmslos aus der HZDS kommende Minister übernehmen mehrere Ressorts.
Eine neue Regierungsmannschaft steht auch in Prag. Neben Ministerpräsident Vaclav Klaus gehören ihr der bisherige föderale Wirtschaftsminister Vladimir Dlouhy sowie der ehemalige föderale Polizeichef Jan Ruml an. Außenminister wird Josef Zieleniec, das neuzuschaffende Verteidigungsministerium wurde noch nicht besetzt. Ministerpräsident der CSFR-Regierung, die die Trennung des Landes vorbereiten wird, soll der ODS-Wirtschaftsexperte Jan Strasky werden. her
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