Töne vom neuen Staatsfunk

■ Einigung über den seit zwei Jahren umstrittenen Bundeshörfunk erzielt/ Zwei Programme aus Berlin und Köln

Bonn/Berlin (dpa/taz) — Bund und Länder haben sich bei einem Kanzlergespräch am Donnerstag darauf geeinigt, den zwei Jahre lang umstrittenen bundesweiten Hörfunk (Deutschlandfunk plus RIAS1 plus DS Kultur) unter dem Dach von ARD und ZDF einzurichten. Allerdings ist es der Bonner Regierung gelungen, an Organisation und Kontrolle des Nationalradios neben den Ländern auch den Bund zu beteiligen. Zu diesem Zweck sollen ein Verwaltungs- und ein Hörfunkrat berufen werden.

Die neue Hörfunk-Körperschaft wird ihren Sitz in Berlin und Köln haben; die Schreibtische des Intendanten und der MitarbeiterInnen in der Verwaltung sollen in Köln stehen. „Programm- und produktionsgerecht gleichgewichtige Funkhäuser einschließlich der dazu gehörenden jeweiligen Programmdirektionen“ sollen beide Städte, Berlin und Köln, bekommen. Jedes Funkhaus produziert ein Programm.

Mit dem Staatsvertrag über die Rundfunkfinanzierung vom August 1991 sind durch einen Anteil von 75 Pfennig an den Rundfunkgebühren rund 300 Millionen Mark für den nationalen Hörfunk bereitgestellt worden.

Die Vereinbarungen sehen vor, daß der Verwaltungsrat nach dem „Patt-Modell“ strukturiert wird: je zwei Mitglieder von ARD und ZDF sowie drei Vertreter der Länder und einer des Bundes werden dem Gremium angehören. Der funktionärslastige Hörfunkrat wird vermutlich durch die Abwesenheit wichtiger gesellschaftlich relevanter Gruppen glänzen. Er soll aus 40 Mitgliedern bestehen (Länder: 16; Verbände: 18; DLF, RIAS, DS Kultur: 3; Bund: 3.

Wichtige Entscheidungen wie die Wahl des Intendanten oder Beschlüsse über den Haushalt müssen mit Drei-Fünftel-Mehrheit erfolgen. Der beschlossene 15köpfige Gründungsbeirat, der das Projekt vorantreiben soll, ist ebenfalls staatsdominiert. Ihm werden je zwei Vertreter der beiden öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten ARD und ZDF sowie je vier Mitglieder von Bund und Ländern angehören. Darüber hinaus werden die beteiligten drei Sender je ein Mitglied stellen. Der Beirat soll über Personalstärke und den Abbau von Stellen entscheiden und außerdem Finanz-, Programm- und Frequenzfragen klären. Von den jetzt 1.700 MitarbeiterInnen der drei Teilsender wird wohl die Hälfte entlassen werden müssen. Von den insgesamt vier (Chöre, Orchester) Klangkörpern des RIAS und des DS Kultur soll „mindestens einer“ übernommen werden.

Während medienpolitische Sprecher von CDU und FDP in Bonn den Durchbruch beim Nationalradio begrüßten, kritisierte das Bündnis 90/Grüne in Berlin, daß die Gremien mit Regierungsvertretern von Bund und Ländern besetzt seien. Das verabredete Modell biete keinerlei Gewähr dafür, daß es demokratische Strukturen gäbe und berge außerdem die Gefahr, daß der Ostsender DSKultur bei der Zusammenführung „unter die Räder kommt“.

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